Die historische Notrufsäule vor dem Rathaus Reinickendorf
Die historische Notrufsäule vor dem Rathaus Reinickendorf Foto: bod

112 – Im Notfall auf Nummer Sicher

Bezirk/Berlin –„Welchergestalt ein entstehendes Feuer anzudeuten und kund zu machen…“ ist das dritte Kapitel der Königlichen Preußischen Feuerordnung, die Friedrich Wilhelm I. im Jahre 1727 erließ und die im Wesentlichen 100 Jahre gültig blieb. Darin heißt es: „Erführe einer der Nachbarn, daß Feuer in der Nachbarschaft aufgehe, soll derselbe … ein Geschrey, es sey bey Tag oder Nacht, machen, und dadurch die obhandene Feuers-Gefahr kund thun.“ In dichter Besiedlung wurde ein Feuer schnell zu einer Katastrophe für ein ganzes Dorf oder einen ganzen Stadtteil. Daher war frühes Eingreifen das oberste Gebot; um rasch Hilfe herbeizurufen, wurde meist vom Kirchturm aus Alarm geschlagen. In manchen Gegenden gab es neben der Betglocke auch eine weniger wohlklingende Feuerglocke.

In den 1840er Jahren wurde das Sturmläuten in Berlin abgeschafft. Polizei und Militär waren für die Übermittlung der Feuermeldung zuständig. In der Stadt gab es damals über 150 Nachtwächter, zu deren oberster Pflicht es gehörte, in ihrem Revier nach Feuer Ausschau zu halten und dessen Bekämpfung einzuleiten. Sie hatten zwei Signalhörner, die durch unterschiedliche Tonarten verkündeten, auf welcher Seite der Spree es brannte.

1851 bekam Berlin mit Ludwig Scabell den ersten Königlichen Branddirektor, um eine Berufsfeuerwehr aufzubauen. Auch nachrichtentechnisch gab es Neuerungen: Die von Siemens entwickelten Telegraphen verbanden die Hauptfeuerwache mit den Polizeirevieren. Die ersten Feuermelder der Welt wurden im Schauspielhaus, im Alten Palais, in der Königlichen Bibliothek und in der Oper unter den Linden installiert. Zugänglich waren sie aber nur dem Fachpersonal.

Unter Scabells Nachfolger Gustav Witte, der später ein Patent auf eine von ihm entwickelte Drehleiter erhielt, wurde das Zeiger-Telegrafensystem auf das Morsesystem umgestellt. Der erste Straßen-Feuermelder stand ab 1886 auf dem Moritzplatz. Um einen Brand zu melden, musste eine dünne Scheibe eingeschlagen und ein Schlüssel entnommen werden, der den Melder zur automatischen Übermittlung des Standortes in Gang setzte. Hier im Bezirk stehen noch zwei dieser Schmuckstücke von damals, einer direkt beim Rathaus Reinickendorf und der andere an der Greenwich-Promenade am Tegeler See. In Betrieb sind sie allerdings nicht mehr.

Das Aufkommen des Telefons erleichterte es natürlich, die Feuerwehr zu verständigen, auch wenn es in Deutschland einige Jahrzehnte dauerte, bis sich überall der Selbstwähldienst durchsetzte und nicht mehr das „Fräulein vom Amt“ die Verbindung herstellen musste. Für den Notfall wurde die 110 ausgesucht, weil sich die Ziffern als erste und letzte auf der Wählscheibe auch im Dunkeln finden ließen. Die 112 für die Feuerwehr war zwar weit verbreitet, aber nicht verbindlich.

1973 wurden dann mit dem Notrufsystem 73 in der Bundesrepublik Deutschland einheitliche Nummern eingeführt. Die Eltern des neunjährigen Björn Steiger, der 1969 nach einem Verkehrsunfall verstarb, weil die Rettungskräfte zu spät eintrafen, hatten sich mit Gründung einer Stiftung dafür stark gemacht. Auch in der DDR meldete sich unter 110 die Polizei und unter 112 die Feuerwehr, dort gab es ab 1976 auch noch die 115 für den medizinischen Notdienst.

Viele wissen nicht, dass die 112 europaweit gilt. Im Rahmen einer Kampagne wurde daher vor zwölf Jahren der Tag des Notrufs vom Europäischen Parlament ins Leben gerufen. Als Datum wurde dafür natürlich nicht zufällig der 11.2. gewählt.

Boris Dammer

Inka Thaysen

Ursprünglich beim Radio journalistisch ausgebildet, bin ich seit Ende 2018 für den RAZ Verlag tätig: mit redaktionellen sowie projektkoordinativen Aufgaben für print, online, Social Media und den PR-Bereich.