Busfahren als Russisch Roulette

„Der Bus ist nicht gekommen!“ Wer hat die Ausrede früher nicht benutzt, wenn man als Schüler zu spät kam. Für den kolumbianischen Austauschschüler Diego Barrera ist es jedoch bittere Realität. „Leider glauben mir meine Lehrer nicht. Deshalb plane ich derzeit eine halbe Stunde Fahrtzeit mehr ein, um am Falkenplatz einen 222er zu erwischen, damit ich halbwegs pünktlich in der Bettina-von-Arnim-Schule ankomme“, berichtet der 14-Jährige. Konradshöher und Tegel- orter sind genervt, dass der 222er sich nur sehr selten an den Fahrplan hält, manchmal früher fährt oder oft ganz ausfällt und auch nicht wartet, wenn jemand schon rennt. Ist der 222er nach Tegel am Falkenplatz schon voll, hält er an der nächsten Haltestelle in der Spechtstraße vor Rewe Nahkauf gar nicht erst an.

„Manfred, nun beeile dich doch“, musste Gertrud Schäfer ihren fast 80-jährigen Ehemann hetzen, damit sie auf dem Hauptbahnhof in letzter Sekunde noch ihren Zug für den Urlaub bekommen konnten. Das Ehepaar hatte morgens um 5 Uhr bangen müssen, da zwei Busse des 222er ausfielen und sie dadurch erst mit über 50 Minuten Verspätung Konradshöhe verlassen konnten.

„Ich fühle mich hier draußen von den öffentlichen Verkehrsmitteln abgehängt und nicht wahrgenommen!“, schrieb die Konradshöherin Evelyn König in einem Beschwerdebrief mit detaillierten Anmerkungen zu Ausfällen an die BVG. „Zu den Unregelmäßigkeiten auf der Linie 222 teilen wir Ihnen mit, dass Planabweichungen (…) in einer Großstadt wie Berlin zum Risiko eines jeden Nahverkehrsbetriebes gehören“, hieß es dann in dem standardisierten Antwortschreiben der BVG.

Das kann zwischen Tegelort und Tegel wohl kaum zutreffen. Daraufhin entfachte sie eine Diskussion auf dem Nachbarschaftsforum nebenan.de und lud zum Austausch am 1. März ein. Hier wurde von vielen bestätigt, dass es zu allen Tageszeiten zu extremen Unregelmäßigkeiten kommt. „Nicht selten wartet man beim 20-Minuten-Takt mal schnell 40 bis 60 Minuten! Verlassen kann man sich auf gar nichts mehr; und drei bis vier Busse früher nimmt wohl keiner, nur weil wir hier kein anderes öffentliches Verkehrsmittel haben. Wir sind doch keine Provinz, auch nicht als Bezirk am Rande von Berlin“, sind sich alle einig. Vielflieger Marcus Jungenkrüger: „Schon lange benutze ich den Bus nicht mehr zum TXL. Zuverlässiger ist ein Taxi. Umweltfreundlich ist das aber nicht.“ dsd

Andrea Becker