Silbernetz-Gründerin Elke Schilling Foto: du

Reden ist Silber – Schweigen ist Schrott

Berlin – „Wenn ich mit einem von euch gesprochen habe, fühle ich mich wieder als Mensch“, konstatierte unlängst eine 87-Jährige am sogenannten „Silbertelefon“. Getreu dem (leicht abgewandelten) Motto „Reden ist Silber – Schweigen ist Schrott“ feiern die Silbernetzler jetzt fünfjähriges Jubiläum.

Doch was treibt Silbernetz überhaupt? Seit 2018 können einsame Senioren über 60 einfach nur telefonieren ─ völlig ohne dringende Notfallgründe. Rund 500 000 Anrufe aus ganz Deutschland sind seit Live-Schaltung des „Silbertelefons“ bereits eingegangen. Das bedeutet viele Tausend Male zuhören, Mut machen, lachen, weinen, mitfühlen. Dafür klingelt das Silbertelefon in der Reinickendorf-nahen Wollankstraßen-Zentrale 3.000-mal pro Woche. Rund 25 Hauptamtliche nehmen am anderen Ende den Hörer ab. Von 40 Ehrenamtlichen werden sie dabei unterstützt. Die meisten Anrufe kommen aus Berlin, Nordrhein-Westfalen und Baden-Württemberg.

„Corona hat uns stark herausgefordert, aber unserer Arbeit auch einen gewaltigen Vorwärts-Push gegeben“, resümiert Gründerin Elke Schilling. So wächst das Anruf-Aufkommen Jahr für Jahr um 20 %. Eine weitere Zahl belegt indes den steigenden Bedarf, denn jeder dritte Seniorenheim-Bewohner fühlt sich einsam. Das haben auch Berliner Politiker und Politikerinnen im August am eigenen Ohr erfahren können: Sebahat Atli (SPD), Dr. Ottilie Klein (CDU), Catrin Wahlen (B´90/Die Grünen) und Christian Zander (CDU) übernahmen jeweils für eine Stunde das Silbertelefon. Übereinstimmendes Fazit: In zwanzig Minuten Gespräch könne man einiges bewegen und gewinnt einen guten Eindruck von den Bedürfnissen der Anrufenden.

Apropos Bewegen: Bei den bisherigen Angeboten wollen es die Netzwerker um Elke Schilling nicht bewenden lassen. Sie testen deshalb in Berlin ein neuartiges „Generationen-Tandem“. Dafür lassen sich Ehrenamtliche zwischen 20 und 35 Jahren mit in Heimen lebenden Berlinern verbinden. Durch ein ausführliches wöchentliches Telefonat soll eine persönliche Generations-übergreifende Verbindung zu älteren Menschen hergestellt werden.

Über 20 feste Mitarbeiter und über 50 Freiwillige führen derzeit alle Gespräche. Hinzu kommen über 185 Ehrenamtliche, die im Rahmen einer Silbernetz-Freundschaft wöchentlich ein persönliches Telefongespräch mit „ihrem” älteren Menschen führen. Darüber hinaus bieten die Silbernen ein mehrstufiges Angebot für Menschen ab 60 Jahren: Am Silbertelefon finden Senioren täglich unter 0800 470 80 90 von 8 bis 22 Uhr ein offenes Ohr zum Reden. Außerdem geben die Betreiber unter „Silberinfo“ deutschlandweit Informationen zu Altenhilfen in Ländern und Kommunen – für Berliner auch zu Angeboten in der Nachbarschaft. Selbstredend sind alle Silbernetz-Services anonym, vertraulich und kostenfrei.

Elke Schilling appelliert an die RAZ-Leser: „Gern wollen wir unseren Beitrag in diesen zunehmend schwereren Zeiten auch weiterhin steigern. Bitte helfen Sie uns Helfen, wir brauchen Ihre Unterstützung. Jeder Freiwillige und jede Spende bringen uns weiter.“

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Inka Thaysen

Ursprünglich beim Radio journalistisch ausgebildet, bin ich seit Ende 2018 für den RAZ Verlag tätig: mit redaktionellen sowie projektkoordinativen Aufgaben für print, online, Social Media und den PR-Bereich.