Viele Kapitel und keine Ende in Sicht

Reinickendorf – Das Gelände an der Thurgauer Straße/Ecke Aroser Allee liegt eingebettet zwischen Schulen, Sport- und Spielplätzen, der Jugendfreizeitstätte Fuchsbau und der Wohnbebauung „Weiße Stadt“. Kinder, Jugendliche, Sportler und Anwohner bilden hier eine zumeist harmonische Symbiose. Doch hinter den Kulissen wird die Zukunft kontrovers diskutiert.

Der Standort ist als Neubau für eine dringend benötigte Grundschule auserkoren. Dreizügig und in modularer Bauweise soll sie entstehen, eine modulare Sporthalle ist ebenfalls beabsichtigt. 21,7 Millionen Euro sind veranschlagt, sogar bereits bewilligt. Doch vor der Verwirklichung hat der Amtsschimmel die Bürokratie gesetzt. Seit nunmehr sechs Jahren beschäftigt das Vorhaben in Reinickendorf-Ost die Institutionen in Bezirk und Land, ohne dass ein Spatenstich passiert wäre.

Zuerst gefordert, dann zunächst abgelehnt, wenig später unisono gewollt und beschlossen, zuletzt in der geplanten Form als nicht realisierbar eingestuft; Die Dramaturgie der scheinbar unendlichen Geschichte hat schon viele Wendungen und Wirrungen erlebt. Der für den Wahlkreis direkt gewählte CDU-Abgeordnete Burkard Dregger, gleichzeitig Fraktionsvorsitzender seiner Partei im Berliner Abgeordnetenhaus, will sich damit nicht abfinden. Er macht Druck auf die Entscheidungsträger, hat unter anderem eine schriftliche Anfrage an der Berliner Senat in der Sache gerichtet. Auf die Fragen, wann mit einer Grundsteinlegung, wann mit einer Fertigstellung zu rechnen ist, antwortet die Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Familie wenig konkret. Es bedürfe zunächst einer politischen Grundsatzentscheidung unter Abwägung der Belange der Schulplatzversorgung, des Sports und des Denkmalschutzes, heißt es in der Stellungnahme.

Der Denkmalschutz, der für die Bauten der angrenzenden „Weißen Stadt“ gilt, scheint vordergründig für die fehlende Umsetzung verantwortlich. Seit 2018 ist das Landesdenkmalamt in den Planungsprozess eingebunden. „Viel zu spät“, findet übrigens Dregger. „Es ist nicht gelungen, alle Beteiligten rechtzeitig an einen Tisch zu bekommen“, sagt er im Rahmen eines Pressegespräches in seinem Ortsteilbüro. Die Behörde äußert bereits im April 2018 Bedenken in Bezug auf einen typisierten Schulbau, weil das Gebäude nicht individuell auf den Kontext des UNESCO-Welterbes reagieren könne. Am 18. Dezember 2019 wurde vom Landesdenkmalrat eine Studie vorgelegt, die den Standort ablehnt. Die Begründung steht bis dato noch aus.

Alternative Flächen gibt es im dicht bebauten Kiez nicht, so bliebe nur eine weitere Verdichtung. Mit anderen Worten: die Klassen werden größer. Ein falsches Signal, findet Dregger, der in diesem Zusammenhang auf die soziale Struktur im Einzugsgebiet hinweist. Er fordert vielmehr, das Bauprojekt zur Chefsache zu machen. „Der Senat sollte alles veranlassen, dass ein denkmalgerechter Schulneubau realisiert wird“, appelliert er.ks

Hier soll eine Grundschule gebaut werden. Foto: ks

Andrea Becker