„Lost in Space“ in der Wartenbergstraße in Kreuzberg ist auf die Beratung von Gaming- und Internetsucht betroffenen Kindern und Jugendlichen und deren Angehörigen spezialisiert. Die RAZ sprach mit Dienststellenleiter Gordon Emons über die Arbeit seiner vom Caritasverband Berlin getragenen Beratungsstelle.
Wie ist der Ablauf einer Beratung bei „Lost in Space“?
Meist wenden sich besorgte Eltern mit der Frage an uns, ob das Kind süchtig ist oder nicht. Wir laden die Eltern dann ein, an einer Info-Veranstaltung teilzunehmen, bei der wir erklären, ab wann man überhaupt von einem Suchtverhalten spricht – denn nicht jedes übermäßige Zocken ist ein Anzeichen von Sucht. Im Gespräch erhalten die Eltern erste Tipps, die den Umgang zu Hause erleichtern sollen. Im Anschluss haben sie die Möglichkeit, sich weiter beraten zu lassen oder mit ihrem Kind in die Beratung zu kommen. Jugendliche finden weniger den Weg zu uns, da sie meist nicht bereit sind, an ihrem Spielverhalten etwas zu ändern. Dafür ist das Zocken zu spannend und macht zu viel Spaß.
Computerspielsucht ist eine neue und vielen noch gar nicht bekannte Krankheit. Wie gravierend kann sie sein und wie sind die Therapiechancen?
Das geht bis dahin, dass Jugendliche nicht mehr zur Schule gehen, sich aus dem „real life“ zurückziehen und nur noch in der virtuellen Welt aufhalten. Hier braucht es dann meist therapeutische Hilfe – manchmal sogar stationär. Es gibt gute Behandlungsmöglichkeiten, jedoch ist dies ein oft monatelanger Prozess. Eine schnelle Hilfe, wie beim Schnupfen, gibt es bei Sucht- und anderen psychischen Erkrankungen leider nicht.
Gibt es grundlegende Ratschläge für Eltern, wie sie den Umgang ihrer Kinder mit Computer, Handy und Internet beeinflussen sollten?
Wichtig ist, dass sich Eltern interessieren und informieren, was das Kind überhaupt am PC macht und verstehen, warum das für das Kind so faszinierend ist. Es ist aber auch unumgänglich, Vereinbarungen zu treffen. Beispielsweise, ob die Familienmitglieder während des Abendessens das Smartphone nutzen dürfen oder dass klare Spielzeiten vereinbart werden. Aber was tun, wenn sich Jugendliche nicht daranhalten? Hier beraten wir die Eltern, wie sie vereinbarte Regeln im Familienalltag integrieren können. Darüber hinaus ist der Blick auf das soziale Leben wichtig. Besucht das Kind einen Verein, trifft es seine Freunde auch im wirklichen Leben? Nicht zu unterschätzen ist die Vorbildfunktion der Eltern, gerade bei kleinen Kindern. Wenn die Eltern selbst häufig mit dem Tablet oder Smartphone beschäftigt sind, schauen sich die Kinder das ab. Darum empfehlen wir Offline-Zeiten im Familienalltag einzurichten. Zum Beispiel, dass die ganze Familie an einem bestimmten Tag für eine gewisse Zeit auf die Gerätschaften verzichtet und gemeinsam ein Brettspiel spielt.
Neben der Beratung von Betroffenen leisten Sie mit dem Projekt „Digital – voll normal?!“ Präventionsarbeit. Wie wichtig sind Aufklärung und Prävention in diesem Bereich?
Aufklärung ist enorm wichtig, gerade in jungen Jahren, damit es eben nicht zur Sucht wird. Deshalb setzen wir schon in Kitas an und beraten Eltern. In Grund- und Oberschulen bieten wir Workshops und Projekttage für Kinder und Jugendliche – immer mit dem Ziel, dass die Kinder medienkompetent aufwachsen können.
Vielen Dank für das Gespräch.
Interview Christian Horn