„Fällungen unausweichlich“

Heiligensee – Es sind die extrem heißen Sommer, die ihnen so zugesetzt haben. Aber nicht nur die, sondern auch die damit einhergehende Trockenheit. Die vergangenen zwei Jahre haben bei den rund 160 Jahre alten Buchen Spuren hinterlassen. Spuren, von denen sie sich nicht mehr erholen können. Erhaben stehen sie noch, scheinen über den Tegeler Forst aus 30 Metern Höhe zu wachen. Und doch hatten die uralten Kolosse nichts gegen die zwei Extremsommer entgegenzusetzen. Sie kamen einem Todesstoß gleich. Zusammengerollte Blätter, kahle Baumkronen, abgeblätterte Rinde, Löcher und Fraßspuren durch Schädlinge sind nun die stillen Zeichen der sterbenden Riesen.

Ich gehe mit Frank Mosch unweit von Heiligenseestraße und Elchdamm durch den Tegeler Forst. Hier, nahe der an den Wald grenzenden Häuser, zeigt mir der Revierförster der Försterei Tegelsee die Schäden: „Hier können Sie die großen Buchen sehen, die beim letzten Sturm umgefallen sind“, erklärt er mir und fügt hinzu: „Sie haben leider die volle Breitseite der starken Winde von Westen her abbekommen.“

Doch auch die Bäume, die noch in den Himmel ragen, haben in den letzten Jahren einiges durchgemacht. Zwar haben sie den Stürmen trotzen können, aber der Hitze und Trockenheit eben nicht: „2018 haben wir die ersten Ausfälle gesehen und auch einige Buchen gefällt – doch die großen Auswirkungen erleben wir erst jetzt und auch noch in den kommenden Jahren.“ Er zeigt auf komplett abgestorbene Bäume mit abgeblätterter Rinde und kahler Krone. An den Wurzeln liegt feine beige Sägespäne. „Das ist das Bohrmehl, das – durch die emsige Tätigkeit von Käfern und Insekten im Totholz – aus dem Baum schon herausgerieselt ist“, sagt er. Anhand dessen könne man sehen: Der Baum ist komplett abgestorben. „Mir tut das als Förster, der ja den Wald hegt und pflegt, in der Seele weh – vor allem bei so alten und stattlichen Bäumen“, sagt der 48-Jährige. Doch nun gilt es zu handeln, denn einige der Baumriesen stehen in unmittelbarer Nähe der Heiligenseestraße. Wenn sie fallen, dann könnten sie auf die vielbefahrene Straße fallen. „Hier muss ich im Vorfeld abwägen und eingreifen, damit das nicht geschieht. Die Verkehrssicherungspflicht geht vor“, sagt Mosch.

Eigentlich müsste der Revierförster deshalb Tabula Rasa machen und alle großen Bäume in diesem Bereich fällen. Eine Entscheidung, die Frank Mosch nicht leichtfertig fällt. „Wir versuchen, die Bäume zu retten, die zu retten sind“, sagt er. „Aber wir sind hier echt machtlos“, fügt er hinzu. Rund 30 dieser Bäume muss der Revierförster noch in diesem Jahr fällen lassen. „Das geschieht allerdings noch nicht sofort, aber mit Sicherheit vor dem Winter. Andere Bäume, die weiter im Wald wachsen, lässt der Revierförster erst einmal stehen. „Allerdings kann man auch hier bereits sehen, dass sie nach und nach absterben und dann irgendwann zerfallen“, erklärt er.“ Sie haben bei diesem Extremklima keinerlei Chance. Moschs Prognose: Das Waldbild wird sich hier in diesem Bereich dramatisch ändern. So wird sich der Bestand der Buchen weiter auslichten – vor allem, wenn sie freier stehen. Dann sind sie auch dem Wind vermehrt ausgesetzt. „Es ist ein Dominoeffekt, den niemand aufhalten kann“, sagt er.

Durch die Fällungen werde jedoch keine Kahlfläche entstehen, da bereits einiges an Naturverjüngung einheimischer Bäume vorhanden ist. „Diese jungen Bäume werden von dem Licht profitieren und schneller wachsen als vorher im Schatten der Altbuchen“, sagt Mosch. Durch die Naturverjüngung einheimischer Bäume werde im Laufe der Jahre ein gemischter und stufig aufgebauter Wald entstehen. fle

Inka Thaysen

Ursprünglich beim Radio journalistisch ausgebildet, bin ich seit Ende 2018 für den RAZ Verlag tätig: mit redaktionellen sowie projektkoordinativen Aufgaben für print, online, Social Media und den PR-Bereich.