„Eine gewisse Wehmut“

Christoph Rauhut war erst 34 Jahre alt, als er 2018 zum neuen Chef des Landesdenkmalamtes ernannt wurde. Damit ist er für den Denkmalschutz in Berlin zuständig. Sein offizieller Titel ist Landeskonservator. Als solcher hat der den Flughafen Tegel 2019 unter Denkmalschutz gestellt.

Was ist so besonders am Flughafen Tegel?

Die historische Dimension. Und was ihn zugleich auszeichnet ist, dass er ein hochfunktionales Gesamtkunstwerk ist. Die Architekten haben damals wirklich einen herausragenden Entwurf vorgelegt, der sich durch eine sehr klare und einheitliche Architektursprache auszeichnet.

Warum ist er ein Denkmal geworden?

Wir prüfen die künstlerische und städtebauliche sowie die historische und wissenschaftliche Bedeutung eines Gebäudes. Im Fall Tegel haben wir hierzu ausführlich die Geschichte des Ortes aufgearbeitet. Wenn wir dann diese Bedeutung dargelegt haben, fragen wir immer noch: Gibt es ein Erhaltungsinteresse der Allgemeinheit an diesem Flughafen? Das sehen wir in diesem Fall als gegeben.

Wäre es aus Ihrer Sicht besser, wenn das Denkmal Flughafen Tegel weiterhin als Flughafen genutzt werden würde?

Die Gebäude sind gestalterisch und architektonisch so stark, dass sie die Umnutzung und die hierfür notwendigen Veränderungen aushalten werden. Wir werden in Zukunft vielleicht nicht mehr die gleichen Wege gehen, weil sich die Funktion ändern wird, aber wir werden immer noch die Gebäude nutzen, die historische Raumsituation erleben und sehen, dass die anspruchsvolle Architektur geblieben ist.

Ist es aus Ihrer Sicht gut, dass die Architekten von Gerkan und Marg von damals das Zentralgebäude jetzt weiter entwickeln sollen?

Es ist nicht immer so, dass die ursprünglichen Architekten die besten Denkmalpfleger für ihre eigenen Gebäude sind. In dem Fall ist das aber so, weil von Gerkan und Marg mit dem Gebäude denken und den Spagat zwischen Bewahren und Entwickeln wagen wollen. Sie sind für uns gute Partner.

Inwieweit wird der Status eines Denkmals die Weiterentwicklung des Gebäudes behindern?

Gar nicht. Wir sind relativ weit in den Planungen und haben hier den besonderen Fall, dass die Unterschutzstellung in die Zeit der Umplanung fiel. Zunächst scheint es ein Risiko zu sein, wenn man weiß, ein Gebäude muss sich verändern und es gleichzeitig zum Denkmal erklärt. Wir haben aber festgestellt, dass die Planer von Tegel Projekt die Besonderheiten der Gebäude sehr sorgfältig aufgegriffen haben und behutsam weiterentwickeln. Der Denkmalstatus und die Urban Tech Republic passen zusammen.

Wenn Sie einen Wunsch hätten für den bald ehemaligen Flughafen Tegel …

Ich wünsche mir, dass es ein Gesamtkunstwerk bleibt, und wir in Zukunft noch ablesen können, dass hier eine Planung vom Detail bis in die Großform gelungen ist.

Bedauern Sie, dass der Flughafen geschlossen wird?

Es gibt eine gewisse Wehmut, dass eine Flughafenikone als Flughafen schließt, aber bedauern tue ich es nicht. Die Stadt entwickelt sich und dazu gehört, dass Orte sich verändern. Tempelhof ist ein gutes Beispiel, wo man sieht, dass ein solcher Ort weiterhin identitätsprägend sein kann, obwohl keine Flugzeuge mehr landen. Das wird in Tegel auch gelingen.

Danke für das Gespräch.

Interview Bertram Schwarz

Inka Thaysen

Ursprünglich beim Radio journalistisch ausgebildet, bin ich seit Ende 2018 für den RAZ Verlag tätig: mit redaktionellen sowie projektkoordinativen Aufgaben für print, online, Social Media und den PR-Bereich.