Frohnau/Hermsdorf – Die Berliner Wahlämter haben in der Vergangenheit das Vertrauen der Wähler in deutsche Gründlichkeit und Zuverlässigkeit bisweilen schon strapaziert: 2011 vertauschte das Zehlendorfer Amt Stimmen der Linken und der Grünen, mussten BVV-Mandate wechseln; in Lichterfelde wurden viele Briefwahlunterlagen ungeöffnet im Müll gefunden; 2018 waren 77.000 Stimmen beim Volksentscheid Tegel ungültig; 2019 pfuschte Tempelhof-Schöneberg bei der Europa-Wahl.
Und nun trifft es Reinickendorf. Wegen der Corona-Pandemie ist die Briefwahl in diesem Jahr besonders beliebt. Dieser Umstand sorgte im Bezirk für eine Panne: Briefwählerinnen und Briefwähler erhielten für die Wahl zum Abgeordnetenhaus falsche Unterlagen. Gegenüber dem Tagespiegel bestätigte der stellvertretende Kreis- und Bezirkswahlleiter, Hauke Haverkamp, dass im Wahlkreis 6 (Frohnau, Hermsdorf, Freie Scholle) die Wahlunterlagen für den Wahlkreis 4 (Wittenau, Waidmannslust, Borsigwalde und zum Teil Tegel) verschickt wurden. Peinlich, peinlich.
Der SPD-Kandidat fürs Abgeordnetenhaus Dr. Kai Kottenstede tritt für den Wahlkreis 6 gegen den bisherigen Bezirksbürgermeister Frank Balzer CDU an. Balzer hat das CDU-Mandat von Jürn Jakob Schultze-Berndt übernommen (die RAZ berichtete).
Kottenstede informierte die RAZ, dass er als Erster auf die Panne aufmerksam wurde: „Ein Nachbar sagte mir, dass er mich nicht auf dem Stimmzettel finden kann, so kam das Thema ins Rollen. Es stellte sich heraus, dass die Stimmzettel für die Direktkandidaten für das Abgeordnetenhaus vertauscht worden waren. Statt für den Wahlkreis 6 war die Variante für den Wahlkreis 4 verschickt worden. Ein Fehler, wie inzwischen auch das Bezirkswahlamt eingestanden hat. Offenbar wurde eine noch nicht bestimmte, jedoch größere Anzahl falscher Stimmzettel verschickt. Da abgegebene Stimmen für den Wahlkreis 6 mit dem Stimmzettel für Wahlkreis 4 ungültig wären, hat die Wahlleitung angekündigt, alle betroffenen Bürgerinnen und Bürger anzuschreiben.“
Das sei ein wichtiger und richtiger Schritt, so Kottenstede, es bleibe jedoch die Frage offen, was in den letzten Jahren getan wurde, um aus den Fehlern der Vergangenheit zu lernen. Es müsse nun aber vor allem geklärt werden, wie die Wahlleitung in Zukunft solche Probleme vermeiden könne. Es gehe schließlich „um das Vertrauen von uns allen in gut und korrekt organisierte Wahlen, das ist ein sehr hohes Gut.“ kbm