Corona wie weggeblasen

Wedding – Professor Rüdiger Külpmann hat sich das Konzept für die neue Belüftung im Prime Time Theater ausgedacht. Dank seiner einfachen wie überzeugenden Idee ist das Theater nun um ein Mehrfaches coronasicherer. Wie das geht, erklärt er im Interview.

Herr Professor Külpmann, der Zuschauersaal im Prime Time Theater wird nun besser belüftet. Was ist neu?

In einem Wort: Es ist die Quelllüftung. Wir haben im Zuschauersaal eine tribünenartige Bestuhlung vorgefunden. Die Sitzreihen steigen von vorn nach hinten in der Höhe an. Die Zuschauer sitzen also auf einem hohlen Podest. Da kamen wir schnell auf die Idee, die Zuluft von unten in den Saal zu führen. Einige Löcher im Boden reichten aus, um das Prinzip eines Luftstromes von unten nach oben umzusetzen. Bisher kam die Frischluft von oben und wurde auch oben abgesaugt. Das führte zu Mischluft. Frische und verbrauchte Luft wurden ständig gemischt. Unser Vorschlag hat einen riesigen Vorteil. Die Zuschauer atmen nicht länger Mischluft ein, sondern angewärmte und gefilterte Außenluft.

Das klingt einleuchtend. Gibt es auch einen Beweis?

Es gibt ein Zertifizierungsprogramm. Bald wird am Eingang des Prime Time Theaters ein Stempel zu sehen sein, das bezeugt, dass die Spielstätte „pandemiegerecht gelüftet“ wird.

In einem Theater gibt es nicht bloß den Zuschauersaal.

Eine Verbesserung, die ebenfalls kaum Geld gekostet hat und nur auf einem einfachen Gedanken beruht, haben wir für das Foyer gefunden. Standard ist, dass Theater für das Foyer Fensterlüftung haben. Unsere Idee ist nun, in den Pausen den Abluftventilator im Saal abzuschalten, aber den Ventilator für die Zuluft anzulassen. Wir haben mit einer Nebelmaschine nachgeprüft, dass allein diese Maßnahme dazu führt, dass die Luft den Zuschauern ins Foyer folgt. Wo sollte sie auch anders hin, wenn sie nicht mehr abgesaugt wird? Im Foyer kann sie über die geöffneten Fenster hinaus. Diese Idee habe ich übrigens auch für den Friedrichstadtpalast vorgeschlagen.

Und auf der Bühne?

Auch dort haben wir uns etwas einfallen lassen. Es besteht nun eine unsichtbare Wand zwischen Saal und Bühne. Im hinteren Bühnenbereich haben wir eine Entlüftung eingebaut. Die Luft, die die Schauspieler ohne Mundschutz und mit viel Aktivität nutzen, dringt nicht mehr wie bisher in den Zuschauerbereich vor. In punkto Luft sind Besucher und Darsteller getrennt.

Das klingt alles preiswert.

Die Kosten der Umstellung – also neue Rohre, Herrichtung der Tribüne und so weiter – liegen bei 19.000 Euro. Die neue Lüftungsanlage – das heißt die neue Maschine und die Ventilatoren – kosten rund 80.000 Euro. Da haben Sie eine Vorstellung davon, dass es preiswert sein kann, die normalen physikalischen Gesetze konsequent auszunutzen.

Kannten Sie das Prime Time Theater bereits als Zuschauer?

Ich bin seit 70 Jahren Berliner. Von 1996 bis 2010 habe ich Heizungs- und Lüftungstechnik an der Beuth-Hochschule (heute BHT) gelehrt. Damals war ich auch einmal Gast bei einem der ersten Folgen von Gutes Wedding, Schlechtes Wedding.

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Rüdiger Külpmann konzipierte die Lüftung im Prime Time Theater Foto: privat

Inka Thaysen

Ursprünglich beim Radio journalistisch ausgebildet, bin ich seit Ende 2018 für den RAZ Verlag tätig: mit redaktionellen sowie projektkoordinativen Aufgaben für print, online, Social Media und den PR-Bereich.