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„Leerstunde“ der Demokratie

Bezirk – Die mit Spannung erwartete Bezirksverordnetenversammlung am 8. Dezember sollte das Bezirksamt vervollständigen. Nach dem Nicht-Erfolg der CDU-Kandidatin Emine Demirbüken-Wegner in zwei Wahlgängen der ersten Versammlung am 24. November und dem Festhalten der CDU am vorgeschlagenen Dreier-Block unterbreitete die Zählgemeinschaft aus SPD/ Grüne/FDP einen Kompromissvorschlag: „Änderung der Tagesordnungs-Reihenfolge, damit zuerst die unbelasteten CDU-Stadtrats-KandidatInnen zur Wahl stehen und das Bezirksamt vervollständigt werden kann, bevor die umstrittene Kandidatin als Stadträtin und Stellvertretende Bürgermeisterin zur Wahl gestellt wird.“

Der Fraktionsvorsitzende der Grünen, Klaus-Hinrich Westerkamp, bekräftigte nochmals das seit Wochen bestehende Angebot der gesamten Zählgemeinschaft zur Vorstellung und Verhandlung mit der Kandidatin, was aber in weniger als 24 Stunden vor der Versammlung nicht durchführbar war. Rolf Wiedenhaupt, Fraktionsvorsitzender der AfD bezeichnete die Veranstaltung als „Kasperletheater“, was aber wohl nur auf die AfD zutraf, die das demokratische Wahlverfahren ausreizte und 55 Bezirksverordnete in drei langwierige geheime, namentlich aufgerufene Wahlgänge für den aussichtslosen AfD-Schriftführer-Kandidaten Sven Adrian zwang (Ergebnis: 8 Stimmen, bei drei Wahlgängen).

So ist als Ergebnis der Bezirksverordnetenversammlung festzuhalten: Erfolgreiche Wahl der Schriftführer-Kandidaten der übrigen Fraktionen, kein Erfolg bei der Wahl der restlichen Bezirksamtsmitglieder und Vertagung in das nächste Jahr.

Nach der Sitzung befragte die RAZ die übrigen Fraktionsvorsitzenden zum Ergebnis der Sitzung: Marko Käber/Björn Hawlitschka(SPD): „Die SPD-Fraktion bedauert es sehr, dass es auch im zweiten Anlauf nicht gelang, das neue Bezirksamt zu komplettieren. Grund ist die Weigerung der CDU, Kandidaten zur Wahl vorzuschlagen. Sie entzieht sich damit ihrer Verantwortung für den Bezirk. Die CDU hatte die feste Zusage: wir als Zählgemeinschaft – SPD, Bündnis 90/Grüne und FDP – ermöglichen die Wahl von Julia Schrod-Thiel und Harald Muschner. Beide wären sofort verstärkend ins Bezirksamt eingerückt. Die CDU nimmt ihre Kandidaten in Geiselhaft.“

Marvin Schulz (CDU): „Frau Demirbüken-Wegner hat sich heute glaubhaft erklärt. Mittlerweile ist es ein offenes Geheimnis, dass die SPD sie mit vorgeschobenen Gründen verhindert, um die CDU zu beschädigen. Wir hören jedoch verstärkt von SPD-Fraktionsmitgliedern, die nicht mehr bereit sind, diesen unbegründeten Rachefeldzug der SPD-Spitze mitzutragen. Wir haben der Ampel heute erneut Gesprächsangebote gemacht, die nun angenommen wurden. Ich hoffe für Reinickendorf, dass wir endlich ein arbeitsfähiges Bezirksamt wählen.“

Felix Lederle (Linke): „Wir respektieren das Wahlergebnis in Reinickendorf und haben ein Interesse daran, dass sich das Bezirksamt endlich in Gänze konstituiert und seine Arbeit aufnimmt. Denn zu tun gibt es nach der monatelangen durch Wahlkampf und Verhandlungen geprägten Übergangszeit wahrlich genug. Wir hatte in der letzten BVV-Sitzung den Kandidat:innen der Ampel für das Bezirksamt zugestimmt. Sie waren mit deutlichen Mehrheiten in ihre Ämter gewählt worden. Bei der Kandidatin der CDU votierte die Fraktion mit Enthaltung.“ kbm

Die Schriftführerin konnte gewählt werden: Marko Käber gratuliert Sevda Boyraci (SPD). Foto: kbm

Inka Thaysen

Ursprünglich beim Radio journalistisch ausgebildet, bin ich seit Ende 2018 für den RAZ Verlag tätig: mit redaktionellen sowie projektkoordinativen Aufgaben für print, online, Social Media und den PR-Bereich.