RAZ. Ein Begriff. Zwei Medien.

Zwei Frauen, zwischen ihnen ein Plakat mit gemalten Hochhäusern und grünen Bäumen
Leipold (l.) und Jungmann vor dem Schild, das den Umbau bekannt gibt. Foto: bs

Ein Wohnzimmer für die Nachbarschaft

Teil 4 der Serie „Stadtteilzentrum in der Rollbergesiedlung“: Neueröffnung offiziell Ende April

Waidmannslust – Noch stehen Farbeimer im Flur, Kabel schauen aus den Wänden und Handwerker wuseln herum. Das Stadteilzentrum Rollberge soll am 25. April öffnen. Bis dahin ist noch viel zu tun. Ursprünglich waren es drei Wohnungen, die zusammengelegt wurden und jetzt eine Fläche von 300 Quadratmetern für das neue Stadtteilzentrum bieten. Es ist im Erdgeschoss des denkmalgeschützten Hochhauses, Zabel-Krüger-Damm 52, das von dem Architekten Hans Scharoun entworfen wurde. Bei jeder Änderung des Grundrisses redete das Denkmalschutzamt mit. Wände durften aus dem verwinkelten Raumlabyrinth nicht herausgeschlagen werden. 

Die „Umplanungen haben sich um Monate verzögert“, sagt Bettina Jungmann, die Leiterin des Stadtteilzentrums mit Augenrollen. „Manches soll ja so sein“, fügt sie fatalistisch hinzu und sagt dann aber, dass ein recht „gemütliches Kiezcafé“ daraus entstehen werde. Das solle dann wochentags von 14.00 bis 16.00 Uhr allen offenstehen. Wer bis zur offiziellen Eröffnung nicht abwarten möchte, kann schon jetzt zum wöchentlichen Kaffeeklatsch am Mittwochnachmittag ins benachbarte FACE Familienzentrum kommen. Die Getränke kosten, anders als in anderen Stadtteilzentren, 50 Cent. Auf erstaunte Nachfrage sagt Jungmann, dass die Besucher und Besucherinnen danach fragten, da „sie nicht immer alles geschenkt haben wollten.“

Vorher gab es in der Rollbergesiedlung ein Stadtteilbüro. Jetzt wird das erweitert zu einem größeren Stadtteilzentrum. Die alten Angebote werden weitergeführt, neue sollen hinzukommen. So gibt es die Kiezspaziergänge, die neuen Bewohnern und Bewohnerinnen die Siedlung näherbringen sollen. Ein Sportprogramm wird bereits Mitte Februar starten und für alles werden Ehrenamtliche gesucht, die auch eigene Ideen mitbringen können. Am 26. Februar findet dafür eine Infoveranstaltung „Ehrenamt im Stadtteilzentrum Rollberge“ in den dann noch nicht ganz fertiggestellten Räumen statt. Das Team von Bettina Jungmann besteht aus weiteren drei festangestellten Mitarbeiterinnen und Regina Thiele, die sich als Ehrenamtliche seit Jahren besonders um die Sauberkeit in der Siedlung mit den etwa 6000 Menschen verdient macht. 

Jennifer Leipold ist als studierte Sozialpädagogin die Koordinatorin des werdenden Stadtteilzentrums. Ihre Masterarbeit hat sie über „Intergenerative Projekte“ geschrieben. In dieser ging um das Zusammenleben von Jung und Alt. Dieses Wissen kann sie jetzt einsetzen. Am liebsten würden Jungmann und Leipold das Stadtteilzentrum zu einem „Wohnzimmer der Nachbarschaft“ ausbauen, wo sich verschiedene Altersgruppen und Kulturen treffen und in den Austausch treten. 

Jungmann erzählt von dem Erlebnis, als bei einem Nachbarschaftstreffen ein etwa 5-jähriger arabischer Junge eine deutsche Seniorin fragte, wie sie sein selbstgemaltes Bild finde. Daraus habe sich dann ein intensives Gespräch entwickelt. 

In der Rollbergesiedlung leben die Menschen in dicht übereinander gestapelten Wohnungen eng zusammen und sind trotzdem häufig einander so fern. Einsamkeit ist hier ein Riesenthema. Jungmann weiß, wie schwierig es ist, an die wirklich Einsamen heranzukommen. Sie will es trotzdem versuchen und hält die jüngst im Bezirk geschaffene Stelle eines Einsamkeitsbeauftragten für sehr nützlich. Der Fokus ihrer Arbeit richte sich mit den Angeboten stark auf Frauen und Familien. Gewalt gegen Frauen spiele dabei auch eine große Rolle. In einer Mail nach dem Besuch im Stadtteilzentrum ist es ihr aber wichtig klarzustellen: „Die Angebote gelten für alle Anwohner:Innen in der Rollbergesiedlung. Es gibt allerdings gesonderte Angebote für Senioren:Innen, Frauen und Familien.“

Finanziert wird das Stadtteilzentrum von Senatsgeldern. Für das Jahr 2024 hat sie insgesamt 190.000 Euro beantragt. Noch gibt es dafür keine Zusage und schon hat die Leiterin Sorge, dass es nicht reichen könne: „Die Reinigungskräfte werden doppelt so teuer sein, wie ursprünglich kalkuliert“. An ihrer Seite weiß sie das Unionhilfswerk, das mit der „Fördermittelverwaltung“ und ihr zusammen die ganze Finanzabwicklung bearbeitet. Bettina Jungmann lobt die Zusammenarbeit mit dem Unionhilfswerk sehr.

Bertram Schwarz

Meine erste journalistische Station war die Schülerzeitung meiner Schule, später war ich für verschiedene Zeitungen und Rundfunkanstalten als freier Mitarbeiter tätig, nach dem Studium als politischer Redakteur beim NDR und später als Geschäftsführer verschiedener Medienfirmen. Seit 2019 arbeite ich als freier Autor für die RAZ.