RAZ. Ein Begriff. Zwei Medien.

Büste eines bärtigen Mannes unter freiem Himmel
Die Büste Glinkas in Tegel – Foto: bod

Eine Komponistenlegende 

Zum 220. Geburtstag von Michail Glinka

Dass er einmal Operngeschichte schreiben würde, war Michail Iwanowitsch Glinka, Sohn eines Gutsbesitzers, nicht in die Wiege gelegt, als er am 1. Juni 1804 im westrussischen Smolensk das Licht der Welt erblickte. Auch aus klimatischen Gründen unternahm der Kränkelnde ausgedehnte Reisen durch Europa.

Begegnung mit italienischen Opernmeistern

In Mailand lernte er die Großmeister der italienischen Oper Bellini und Donizetti kennen. Seine erste eigene Oper, in der er westliche Musik mit folkloristischen russischen und polnischen Elementen verband, wurde 1836 ein triumphaler Erfolg. Um das adlige Publikum gnädig zu stimmen, stülpte er der Geschichte um den einfachen Bauern Iwan Sussanin, der sich im Krieg gegen Polen opferte und als Held gefeiert wurde, kurzerhand den Titel „Ein Leben für den Zaren“ über. Die unmittelbare Popularität beförderte ihn zum Kaiserlichen Kapellmeister in St. Petersburg.

Kritische Reaktionen und zweites Musikdrama

Die „Neue Berliner Musikzeitung“ vom März 1870 schwärmte noch knappe drei Jahrzehnte nach der Uraufführung: „Es gibt keine Oper, kein Musikwerk überhaupt, das zwei streng geschiedene Nationalitäten musikalisch verträte, wiedergäbe wie dieses Meisterwerk.“ Über sein zweites Musikdrama fällte die Zeitung hingegen ein eher harsches Urteil: „Die zweite Oper Glinkas ‚Russlan und Ludmilla‘ steht der ersten so weit nach, dass neben jener 1sten von ihr nicht ebenbürtig die Rede sein kann, soviel die extreme Partei sich auch bemüht, die zweite über die erste zu stellen.“ Jedoch ist „Ruslan“ heute oft das einzige der beiden Musikdramen von Glinka, das sich noch in Opernführern findet. 

Zusammenarbeit mit Puschkin und Enttäuschung

Ursprünglich hatte sich der Komponist den Schriftsteller Puschkin als Librettisten gewünscht. Der war auch einverstanden, seine märchenhafte in Kiew angesiedelte Verserzählung umzuarbeiten, allerdings machte ein Duell, bei dem er ums Leben kam, der Zusammenarbeit einen Strich durch die Rechnung. Bei der Uraufführung in St. Petersburg wurde die Oper nicht gerade begeistert aufgenommen. Die Enttäuschung über den Misserfolg führte zu Glinkas endgültiger Abkehr von dieser Musikgattung. In Berlin wollte er Kompositionstechnik für geistliche Chormusik studieren, um „die westliche Fuge und die russische Musik durch die heiligen Bande der Ehe zu vereinen.“

Glinkas letzter Lebensabschnitt und Tod

Doch seine angeschlagene Gesundheit ließ ihm nicht viel Zeit. Am 15. Februar starb er im Alter von 52 Jahren. „Sein Tod erfolgte unter vielen Leiden. Glinka litt an Leberverhärtung“, berichtete die Berliner Musikzeitung Echo. „Mit diesem Übel hingen dann auch die Starrkrampfanfälle zusammen, die ihn des öfteren überfielen, manchmal mitten im Spielen. Nach einer unheimlichen Pause, während welcher der unglückliche Kranke gegen jede Berührung selbst gegen Nadelstiche absolut unempfindlich war, erwachte er dann und spielte weiter, als ob nichts vorgefallen wäre.“

Nach dem Tod: Umzug der Grabstätte

Zunächst wurde der Komponist in Berlin beigesetzt, allerdings schon wenige Wochen später auf den Künstlerfriedhof in Petersburg umgebettet. Seine Grabplatte vom „Dreifaltigkeitsfriedhof vor dem Potsdamer Tor“, wurde bei dessen Auflösung 1922 auf den Russischen Friedhof in Tegel gebracht und dort in das Denkmal eingefügt, das noch heute an Glinka und seine Zeit in Berlin erinnert.

Boris Dammer