Überall liest man diese Tage von der großen Verwaltungsreform, die in Berlin alles besser machen soll. Viele Zuständigkeiten zwischen Bezirken und Land sollen neu verteilt und digitalisiert werden damit es schneller und schlanker geht. Zeit wird´s!
Während man inzwischen in sensationellen 15 Minuten digital ein Auto zulassen kann (selbst getestet, es geht wirklich und man kann sogar per PayPal zahlen), scheint die Bürokratie an anderen Enden unfassbar: Für eine eintägige Kunstausstellung von Gymnasiasten mit vielleicht 60 Gästen im wiederentdeckten Tanzsaal in Tegel (Foto) brauchte es tatsächlich eine Baugenehmigung inklusive Feuerlöscher und Sicherheitsbelehrung der Gäste. Das dürfte wieder ordentlich Zeit und Geld gekostet haben und tatsächlich klappte es offenbar auch nur Dank Einsatzes behördlicher Würdenträger noch rechtzeitig. Offenbar wurde der Tanzsaal durch die Zwischennutzung als Discounter schlagartig ungeeignet für den Aufenthalt von Menschen, sobald diese nicht mehr durch eine Deckenabhängung von der Tanzsaaldecke getrennt werden.
Auch im Schaffen neuen Wohnraums misstraut man offenbar allen privaten Initiativen: Wer in Reinickendorf ein altes Einfamilienhaus kauft um es abzureißen und sich ein Zeitgemäßes zu bauen – so ein Artikel in der Berliner Morgenpost – müsse einen städtebaulichen Vertrag schließen. Dieses Instrument erwartet man eher bei großen Projekten, in denen Baurecht z.B. neu geschaffen wird und durch das sich die Bauherren verpflichten, sich an den Kosten der notwendigen sozialen Infrastruktur wie Spielplätze zu beteiligen. Bei den Eigenheimbauern geht man gleich einen Schritt weiter: Vertraglich verpflichtet sich der Bauwillige zu einer fiktiven Traummiete für den teuren Neubau falls man doch durch irgendwelche Widrigkeiten zum Auszug genötigt wird – denn Leerstand ist auch bei Scheidung, Tod und anderen Schicksalsschlägen nicht erlaubt. Dank Zweckentfremdungsgesetz darf man sich dann auch bei familiären Krisen zuerst um eine Vermietung bemühen – sofern der Neubau überhaupt finanziert wird, denn nicht alle Banken dürften sich über eine verpflichtende, nicht-kostendeckende Vermietung des finanzierten Baus freuen.
Und Gnade demjenigen, der es wagen will, einen Teil seines Heimes Feriengästen anzubieten – Dank hoher Gebühren und Auflagen bleiben Reinickendorfer Senioren vermutlich lieber Single selbst in großen Eigenheimen. Auch der Denkmalschutz sorgt immer wieder auf Nummer sicher für leere Wohnungen und sogar abwandernde Unternehmen: Der Werkzeughersteller G-Elit führt für seine Werkschließung unter anderem die Verpflichtung für das Pflanzen bestimmter Rosen im denkmalgeschützten Garten des Betriebsgeländes an.
Ob all diese Gordischen Knoten nun auf Landesebene besser gelöst werden würden, bleibt abzuwarten – doch ein „Milei 2.0“ wird das Verwaltungsreförmchen wohl eher nicht: Eine „Einigungsstelle“ soll schlichten, wenn Land und Bezirke um Kompetenzen ringen. Das lässt schon mal ahnen: Im Zweifelsfall bleibt alles wie es ist!