Humanes Smart Home
Seit dem März ist die Dunkelflaute vorbei und die Photovoltaik-Anlage macht ihren Job. Bundesweit machten sie das alle so gut, dass Frankreich zu Ostern seine Kernkraftwerke runterfahren konnte, um 4,2 GW Solarstrom aus Deutschland aufzunehmen. Das lässt sich Frankreich gut von den deutschen Stromkunden bezahlen und die Idee des „sauberen Stroms“ hat zu Recht viele Kritiker.
Somit ist es erste Bürgerpflicht der Solarteure, für den Eigenverbrauch der Leistung Sorge zu tragen. Kein Eco-Modus mehr für die Spülmaschine, sondern „intensiv 70°“ damit es sich auch ordentlich lohnt. 60°C Wäsche statt 30°C. Staubsaugen bei Sonnenschein. Doch selbst das reicht nicht – wohin steckt man mal so eben 10 kW Leistung, wenn der Batteriespeicher um die Mittagszeit bereits vollgeladen ist? Ein Heizstab für das Warmwasser im Speicher? Klimaanlage? Bitcoin-Mining? Außenpool heizen (nachdem man ihn gebaut hat)? Ich entschied mich für eine andere Option und probierte es mit der eMobilität. Nun also einen Smart 451 in Elektro. Das einzig sinnvolle Stadtmobil der letzten zwei Jahrzehnte musste ich einst leider bei Ankunft von Kind Nr. 2 verkaufen, doch jetzt sind die Kinder selbst mobil genug – daher freute ich mich auf den zehn Jahre alten Wagen, natürlich den in der schönen runden Form und so klein, dass man in die kleinsten Parklücken passt. Rund 120 km Reichweite macht das Teilchen zum perfekten Stadtflitzer.
Ein praktischer Zusatz-Akku mit 17 kW, mit dem man zu zweit, lautlos und mit gutem Gewissen durch die Gegend rollen kann. Mit einem Label von InsectRespect™ kompensiere ich sogar für die Insekten, die statistisch gesehen an der Windschutzscheibe den Tod finden werden. Das Unternehmen legt dafür biodiverse Begrünungen an (www.insect-respect.org).
Leider nur reden weder Wallbox noch Auto noch Wechselrichter miteinander noch informiert die PV-Anlage, wenn sie bestimmte Leistungen erreicht. Auch die mitgelieferte Steuerungsbox des PV-Dienstleisters kann ausgerechnet mit dieser Combo nichts anfangen. Wo bleiben die Normen und Standards, wenn man sie braucht? Während man sich offenbar intensiv mit datenschutzkonformen digitalen Stromzählern beschäftigt hat, hat man diese Kleinigkeit irgendwie vergessen.
Also bin ich nun so eine Art humanes Smart Home System und dazu verdonnert, zum Wohle des Bürgerfriedens aus der Ferne Strom zu verbrauchen. Als Hub muss ich liebevoll die Wallbox-Leistung der Sonne angemessen hochfahren und daran denken, die Haushaltsgeräte auch vorher zu beladen und zu schließen, wenn ein Sonnentag droht. Alexa hilft hier nicht weiter, das Netz empfiehlt allerlei DIY-Lösungen. Langsam verstehe ich, warum es für den allgemeinen Durchbruch der Energiewende noch etwas brauchen wird.
Andere Leute liegen bei Sonne nämlich lieber auf dem Balkon und lesen anstatt sich mit Apps und Lastenmanagement herum zu schlagen.