Die Frohnauerin Natalie Kreisz von „FrohLaWi“ sortiert in der Abholstation Gemüse. Foto: bs

Acht Hektar Land

Frohnau – Gerade gestern war Abholtag von Gemüse für Mitglieder der „FrohLaWi“ auf dem Stolper Feld, nördlich von Frohnau. Die Vereinsgründerin und Mitglied des Vorstands, Natalie Kreisz, sortiert das übriggebliebene Gemüse. Von den Karotten sind noch viele da. Andere Kisten sind leer. Zweimal in der Woche können die 129 Mitglieder der Solidarischen Landwirtschaft, abgekürzt SoLaWi – im Falle von Frohnau auf „FrohLaWi“ umgemünzt, sich ihren wöchentlichen Anteil zusammenstellen. Dieses Mal gab es unter anderem 1,5 Kilogramm Kartoffeln, eine Gurke, eine Schale Tomaten und zum Probieren Brokkoli. Der Verein wirbt damit, dass mit der wöchentlichen Ration ein Zweipersonenhaushalt seinen durchschnittlichen Gemüseverbrauch decken könne.

Ein grünes Paradies in der Stadt

Acht Hektar bewirtschaftet der 2020 gegründete Verein rund um den Professor der Technischen Universität, Martin Kaupenjohann, der auch heute noch tatkräftig dabei ist. Er fand schnell Mitstreiter, die mit ihm die konventionelle Landwirtschaft auf diesem Gelände verdrängen wollten, um auf der einen Hälfte des gepachteten Landes Bio-Gemüse anzubauen und auf der anderen Hälfte der Natur mit ihrer Biodiversität freie Bahn zu lassen. Vorher sei dort in Monokultur Raps und Roggen angebaut worden. Auf die Frage an Natalie Kreisz, ob sie etwas gegen die konventionelle Landwirtschaft habe, antwortet sie entrüstet: „Natürlich haben wir etwas dagegen.“

Die Vier-Felderwirtschaft des Vereins

Mit ihrer Art der Vier-Fel­derwirtschaft mit der Fruchtfolge von zum Beispiel Kartoffeln, Kürbis, Kohl und Diversitätspflanzen wollen die Vereinsmitglieder die Natur wieder in ein Gleichgewicht bekommen, das zuvor unter dem Pflug des bisherigen Landwirts verloren gegangen sei. Schon jetzt nach nur drei Jahren melden sich seltene Brutvögel zurück und auch die Insekten fühlen sich wohl. Nur das Wild wollen sie nicht haben. Ein Zaun schützt vor Rehen und Wildschweinen. Kreisz schwärmt von dem „Market-Gardening-Konzept“ (auf Deutsch etwa: Marktgärtnerei). Es wird nur so viel angebaut, wie die Mitglieder brauchen.

Die Mitglieder und ihre Motivation

Ist doch einmal zu viel da, was im Sommer zur Erntezeit durchaus vorkommen kann, dürfen sich die Mitglieder des Vereins auch einmal über den offiziellen Kisteninhalt hinaus bedienen. Verkauft werde nichts. Vor kurzem seien 500 Salatköpfe an die Berliner Tafel für Bedürftige gegangen, erklärt Kreisz. Der Verein hat zwei festangestellte Mitarbeiter. Lisa Langs ist die leitende Gärtnerin und Stefan Grubelnig ein weiterer Gärtner. Er dreht sich gerade gelassen eine Zigarette und erzählt aus seinem Leben. Er habe in Deutschland Ökologische Agrarwissenschaft studiert und sei dann nach Österreich gegangen. Ein Jahr habe er in einer „SoLaWi“ in Niederösterreich gearbeitet, bevor er für vier Jahre als Umweltbeauftragter bei der Caritas in Wien tätig gewesen sei. Im April 2022 habe er bei der „FrohLaWi“ angefangen: „Meine schönste Arbeitsstätte bisher.“

Mitglied werden und die Vision teilen

Natalie Kreisz wohnt wie viele andere Mitglieder in Frohnau. Aber auch aus Hermsdorf und Hohen Neuendorf kämen viele. Der Verein wachse. „Perspektivisch wollen wir 400 Mitglieder haben.“ Beruflich arbeitet Kreisz als Radiojournalistin für öffentlich-rechtliche Sender. Sie komme ursprünglich aus Stuttgart, und ein bisschen hört man ihr das noch an, auch wenn sie bereits 1997 nach Frohnau gezogen ist. Den nachhaltigen Gemüseanbau kennt sie seit Kindertagen. Sie sei in einer Familie von Selbstversorgern aufgewachsen. Sie hält nichts von der konventionellen Landwirtschaft und engagiert sich gern in dem Verein, „um Flora und Fauna sowie einen gesunden Boden zu fördern und zu erhalten.“

Jeder könne Mitglied werden, der sich zu der Vision der solidarischen Landwirtschaft bekenne. Der Jahresbeitrag kostet 36 Euro. Wer in den Genuss der wöchentlichen Gemüseversorgung kommen möchte, zahlt 100 Euro zusätzlich pro Monat. Damit kann sich der Verein aber noch nicht finanzieren. Deswegen muss jeder eine einmalige Einlage zahlen, die er bei Austritt unverzinst wiederbekommt. Diese Einlage bewege sich, je nach finanzieller Situation des Einzelnen, um die 1.200 Euro. Wer das nicht bezahlen kann, greift nicht so tief in das Portemonnaie, wer sich mehr leisten kann, legt mehr ein. Einen verpflichtenden Arbeitsdienst gebe es nicht, sagt Kreisz, aber jeder könne auf dem Feld helfen.

bs

Mann in Gewächshaus zwischen Pflanzen
Stefan Grubelnig im Gewächshaus bei den Tomaten, Bild: bs
Inka Thaysen

Ursprünglich beim Radio journalistisch ausgebildet, bin ich seit Ende 2018 für den RAZ Verlag tätig: mit redaktionellen sowie projektkoordinativen Aufgaben für print, online, Social Media und den PR-Bereich.