Zu jemandem stehen und 100 Prozent „Ja“ zu ihm zu sagen. Zu bemerken, dass dieser Mensch das Puzzleteil ist, das immer gefehlt hat: Heirat ist von großer Bedeutung – auch in Zeiten der Corona-Pandemie. Den Partner als DEN EINEN zu finden und ein Leben lang zu ihm stehen zu wollen, ist trotz steigendem Individualismus und wachsender Anonymität hoch im Trend. Im Fuchsbezirk heiraten pro Jahr 900 bis 1.000 Paare im Standesamt Reinickendorf – mehr als zuvor, wie die Standesamtsleiterin Ariane Schimansky weiß: „Wir hatten zuvor immer rund 800 Eheschließungen jährlich.“ Einige Daten sind besonders beliebt: „Der 20.02.20 zum Beispiel“, sagt sie. In Erinnerung ist ihr vor allem der 9.9.99: „An diesem Tag habe ich mit meinen Kollegen von 9 bis 21 Uhr Trauungen vollzogen. Schimansky arbeitet seit 1994 im Standesamt und erlebt hautnah, wie sich die Dinge ändern: „Wenn das Brautpaar selbst Worte aneinander richtet, ist das auch für mich sehr emotional, und mir kommen manchmal sogar die Tränen. Doch das tun Brautpaare immer seltener.“ Dafür werde alles pompöser – und oberflächlicher. „Ich habe das Gefühl, dass nicht mehr so sehr die Liebe im Mittelpunkt steht, sondern der schöne Schein und das ganze Drumherum“, sagt sie.
Das Posieren vor der Kamera und das Make-Up rücken in den Fokus. „Ich habe erlebt, dass die Paare sich während der Trauung nicht mehr küssen, weil dann die Schminke verwischen könnte“, sagt Schimansky. Doch in Corona-Zeiten scheinen sich Paare wieder auf die wesentlichen Dinge zu besinnen. Die Trauungen sind anders, Gäste sind nicht zugelassen. Weder Eltern noch Trauzeugen dürfen mit ins Trauzimmer – abgesehen von Kindern oder einem Dolmetscher ist das Brautpaar allein mit dem Standesbeamten.
„Ich erlebe nun, dass Paare ihre Trauung viel bewusster erleben. Sie werden nicht abgelenkt, sondern sind einzig und allein füreinander da. Das ist das Positive, was ich aus der Krise herausziehe, und diese Entwicklung hin zur gegenseitigen Wahrnehmung freut mich sehr.“
fle