Frohnau – Über manche Dinge kann man einfach nur den Kopf schütteln: Diebe haben am Wochenende das Wahrzeichen der Renée-Sintenis-Schule in Frohnau gestohlen, die Fohlen-Statue der Künstlerin Renée Sintenis. Jahrzehntelang hatte das Pferdchen vor der Schule im Laurinsteig gestanden, und nun ist von der Skulptur nur noch eine Betonplatte übrig. Samt Sockel wurde das Tier entwendet, das die jüdische Künstlerin und Namensgeberin der Schule gestaltet hatte.
Schulleiterin, Lehrer- und Schülerschaft entsetzt und traurig
„Das Fohlen hatte für unsere Schule und vor allem für die Schüler einen sehr großen ideellen Wert“, sagt Schulleiterin Kerstin Dzembritzki gegenüber der RAZ. Sie, das Kollegium und natürlich die Schüler hoffen, dass die Polizei ihr Pferdchen wiederfindet – bevor es eingeschmolzen wird.“
Ermittlungen zum Diebstahl dauern an
Eine Zeugin hatte am Samstag (8. Mai) gegen 16 Uhr die Polizei verständigt und mitgeteilt, dass die Statue verschwunden sei. Die Schulleitung wurde durch die Polizei über den Diebstahl informiert, die Ermittlungen, die beim Kommissariat für Kunstdelikte geführt werden, dauern an.
Über die Künstlerin Renée Sintenis
Tierfiguren im Kleinformat waren die Spezialität der 1888 eigentlich als Renate Alice geborenen Neuruppinerin und ziehen sich wie ein roter Kreationsfaden durch ihr Leben… Dabei war sie selbst alles andere als zierlich: Mit einer Größe von 1,79 Meter überragte sie viele ihrer Zeitgenossen nicht nur in Sachen Talent, sondern allein schon von der Statur her. Deshalb wurde sie auch ironisch, aber durchaus freundlich als „Riesin mit dem Kleintierzoo“ betitelt. Fohlen stehen neben neben Frohnau etwa im Berliner Ortsteil Friedenau, im Düsseldorfer Hofgarten oder am Hertener Rathaus, ein auf die Hinterbeine aufgerichtetes, springendes Jungpferd unterdessen befindet sich im Mannheimer Lameygarten. Sintenis schuf außerdem 1932 das „Junger Bär“ genannte Werk. Das brachte es, neu gestaltet als Image-Figur für die Berliner Wirtschaftsförderung, recht weit: Es ist bis heute als Statue nahe dem Autobahnkreuz Zehlendorf zu sehen; Pendants finden sich in Düsseldorf und München, die kleine Replik geht mit großem Renommee jährlich in silberner und goldener Version an die Preisträger der Berlinale.
Als erste Bildhauerin wurde Renée Sintenis 1931 die Ehre zuteil, an der Berliner Akademie der Künste aufgenommen zu werden. Dass ihre Großmutter mütterlicherseits vor ihrer Konversion Jüdin gewesen war, bekam die Künstlerin allerdings wenig später unter der Nazi-Diktatur zu spüren: Wegen ihrer Herkunft musste sie den illustren Kreis wieder verlassen, ihre Werke wurden aus öffentlichen Sammlungen entfernt, teils auch als „entartet“ zerstört, sie selbst zog sich zurück. Insgesamt waren es harte Jahre: 1942 verstarb völlig unerwartet ihr Mann, 1945 wurden ihr Atelierhaus und die meisten ihrer Gipsfassungen durch Alliierten-Bomben zerstört. Nach Kriegsende zog die Bildhauerin, Grafikerin und Medailleurin mit ihrer neuen Lebensgefährtin an die Innsbrucker Straße 23a, ihrer letzten Bleibe bis zu ihrem Tod, wo eine Gedenktafel heute an ihr Wirken erinnert.
1948 erhielt Renée Sintenis den Kunstpreis der Stadt Berlin, 1953 gar das Große Bundesverdienstkreuz. 1955 nahm sie einen Ruf als Professorin an der Hochschule für Bildende Künste an, kurz darauf ging sie an die neugegründete Akademie der Künste. Das Ehrengrab der 1965 im Alter von 77 Jahren Verstorbenen befindet sich auf dem Waldfriedhof in Dahlem.