Der bewegende Briefwechsel zwischen dem seit Januar 1944 inhaftierten NS-Widerstandskämpfer Helmuth James Graf von Moltke mit seiner Frau Freya vermittelt einen intensiven Eindruck seines Gefängnisalltags in Tegel: „Wir werden jetzt Tag und Nacht gefesselt und dadurch ist das Schreiben sehr schwierig.“
Ein Kreis der Hoffnung: Der Kreisauer Kreis
1940 entstand aus dem regen Gedankenaustausch zwischen dem Juristen und seinem Kollegen Peter Graf Yorck von Wartenburg der sogenannte Kreisauer Kreis, benannt nach Moltkes Gut in Niederschlesien. Ein zentrales Anliegen des Zirkels war die Schaffung einer neuen Ordnung nach dem ersehnten Zusammenbruch der NS-Diktatur. Moltke erkannte schon während der Siegeszüge des Dritten Reichs den unvermeidbaren Untergang dieses „Triumphs des Bösen“.
Auch Stauffenbergs Attentat auf Hitler war aus dieser Gruppe heraus geplant worden. Allerdings hatte sich Moltke aus christlichen Motiven dagegen ausgesprochen und wollte später darauf auch seine Verteidigung aufbauen.
Freya von Moltke: Zwischen Sorge und Verantwortung
In ihrer Vorbereitung auf den Prozess beschäftigte sich auch Freya, eine promovierte Juristin, mit dem berüchtigten NS-Richter Roland Freisler und schrieb entsetzt: „Was für eine Welt, was für eine Einstellung, wo führt das alles hin, ganz abgesehen von unserem eigenen Schicksal!?“
Große Illusionen über einen möglichen Freispruch machten sich beide nicht, trotz der gründlichen Ausarbeitung seiner Verteidigung. Helmuths tiefer christlicher Glaube und die Liebe zu seiner Frau gaben ihm Halt angesichts des nahenden Todes: „Ich habe die Gewissheit, dass wir zusammen bleiben werden und dass auch Du mich nicht verlieren wirst, ich fühle mich so reisefertig.“
Eine geheime Verbindung: Briefe im Gefängnis
Dem Gefängnispfarrer Harald Poelchau gelang es, die innige Geheimkorrespondenz ins Gefängnis zu schmuggeln. Er war ein guter Freund des Paares, bei dem Freya auch während ihrer Aufenthalte in Berlin übernachten konnte. Denn neben der Sorge um ihren Mann musste sie nun alleine das Gut verwalten und pendelte zwischen Kreisau und Berlin.
Weihnachten verbrachte Freya mit Freunden und den Söhnen in Schlesien. Während die Kinder die alte Spielzeugeisenbahn des Vaters in Gang brachten, beging Helmuth das Fest im Gefängnis und schrieb über den ersten Feiertag: „Eben habe ich noch einmal Weihnachten gefeiert, meine beiden Kerzen angesteckt und Weihnachtslieder teils still, teils laut gelesen, teils gesungen, teils gepfiffen.“ An Heiligabend 1944 fühlt er sich nicht etwa traurig, sondern vielmehr dankbar: „Mein Herz, ich höre jetzt auf, denn ich will die Kerzen löschen und das Licht wieder anmachen und damit das Weihnachtsfest beenden, das wahrscheinlich mein letztes ist.“ Am 11. Januar 1945 wurde sein Todesurteil gesprochen, und am 23. Januar hängte man ihn im Gefängnis Plötzensee – er wurde nur 37 Jahre alt.
Ein Erbe für die Nachwelt: Freya von Moltkes Lebensaufgabe
Seine Witwe ging mit den Söhnen für einige Jahre nach Südafrika, der Heimat von Helmuths Mutter. Später wanderte sie in die USA aus. Im Alter von 98 Jahren verstarb sie im Jahr 2010; das Gedenken an die Mutigen des Kreisauer Kreises blieb ihre Lebensaufgabe, die Helmuth einmal so formuliert hatte: „Du verwaltest ja bis zu einem gewissen Grade das geistige Erbe von uns Toten.“