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Der See ruht, das Viertel nicht

Hermsdorf – Seit Jahren sorgt die Verkehrssituation im Waldseeviertel für Konfliktstoff. Auch der im Juni dazu stattgefundene „Runde Tisch“ hat nicht bei allen teilnehmenden Akteuren für Zufriedenheit gesorgt. Die Bürgerinitiative „Schildower Straße“, die sich für eine Sperrung im Waldseeviertel einsetzt, bezeichnete die Runde gar als „Farce“ (die RAZ berichtete).

Die Initiative will den Durchgangsverkehr unterbinden und fordert das Bezirksamt auf, in dieser Hinsicht tätig zu werden. Ihr Sprecher Michael Ortmann erklärte Mitte Juli erneut, dass nach Aussage des Senats die Anordnung einer Straßensperrung allein in der Zuständigkeit des Bezirksamtes läge.

„Der Senat würde bei einer Sperrung des Waldseeviertels für den Kfz-Durchgangsverkehr aufgrund fehlender Zuständigkeit nicht eingreifen“, zitiert Ortmann die Antwort des Senats vom 16. Juni auf eine schriftliche Anfrage der Linken zum Thema „Kiezblock Waldseeviertel“.

Das Bezirksamt begründet seine ablehnende Haltung ebenfalls mit einer Aussage des Senats. So zitierte es in seinem Flyer zur Bürgerinformationsveranstaltung im Waldseeviertel vom 25. Februar ein Schreiben der Senatsverkehrsverwaltung: „Die Senatsverkehrsverwaltung erklärt zur Sperrung von Straßen zwischen zwei Bundesländern: […] dass der Senat die Sperrung von Straßen zwischen Berlin und Brandenburg grundsätzlich für kein geeignetes Instrument der gemeinsamen Landesplanung und Verkehrssteuerung erachtet. Vielmehr besteht Interesse daran, das Angebot an Alternativen zur Nutzung des eigenen Kfz zu erhöhen.“

Die Senatsverwaltung ist nach eigener Aussage für eine Straßensperrung nicht zuständig, empfiehlt aber Straßen zwischen den Landesgrenzen nicht zu sperren. Das Bezirksamt hat in diesem Sachverhalt sozusagen den „Schwarzen Peter“ zugeschoben bekommen. Dem Reinickendorf-Newsletter des Tagesspiegel teilte das Bezirksamt mit, dass eine Sperrung „der Schildower Straße aus rechtlicher Sicht zukünftig eine Selbstbindung für das Verwaltungshandeln bei ähnlich gelagerten Fällen zur Folge hätte“, zitiert Autor Gerd Appenzeller in seinem Newsletter vom 14. Juli das Bezirksamt.

Mit Selbstbindung der Verwaltung bezeichnet man den Grundsatz, dass die öffentliche Verwaltung bei Ermessensentscheidungen nicht ohne sachlichen Grund von ihrer geübten Verwaltungspraxis abweichen darf. Das Bezirksamt befürchtet weitere Antragstellungen auf Straßensperrungen, denn nicht nur die Anwohner der Schildower Straße beklagen einen starken Durchgangsverkehr.

Die Initiative will eine Sperrung mit juristischen Mitteln durchsetzen. Es bleibt abzuwarten, ob sie erfolgreich sein wird. ajö

Inka Thaysen

Ursprünglich beim Radio journalistisch ausgebildet, bin ich seit Ende 2018 für den RAZ Verlag tätig: mit redaktionellen sowie projektkoordinativen Aufgaben für print, online, Social Media und den PR-Bereich.