„Die Luft hier ist sauberer als in jedem OP-Saal“

Tegel – Aerosole sind in dieser Zeit buchstäblich in aller Munde. Aber was ist ein Aerosol eigentlich? Aerosol ist ein Gas, in dem winzige Teilchen schweben. Oft ist das Gas einfach nur Luft. Die schwebenden Teilchen sind so klein, dass man sie gar nicht mit bloßem Auge sehen kann. Sie können entweder flüssig oder fest sein. Blütenpollen können Aerosole bilden, für die meisten Menschen harmlos, für Allergiker aber nicht.

Richtig übel sind virenlastige Aerosole. Während der Coronapandemie wird wegen dieser viel diskutiert. Denn Coronaviren gibt es nicht nur in den Tröpfchen, die ein Mensch beim Husten oder Niesen versprüht, sondern auch einfach in der Atemluft. Besonders wenn sich viele Menschen in einem geschlossenen Raum aufhalten.

Wie diese Aerosole unschädlich gemacht werden können – daran hat die Tegeler Newtec Umwelttechnik GmbH gearbeitet.

Yuan Gao, Diplom-Ingenieur, ist Entwickler und Geschäftsführer der Firma, die Am Borsigturm 62 ansässig ist.

Am 22. April wurden die Geräte in Tegel vorgestellt, die in der Lage sein sollen, in kurzer Zeit Räume, größere Säle oder gar Hallen virenfrei zu bekommen.

Das klingt gut. Schulen, Kitas, Theater, Kinos, Kneipen oder Restaurants könnten wieder geöffnet werden, Veranstaltungen wieder stattfinden.

Aber wie soll das funktionieren? Yuan Gao präsentiert der kleinen Schar von Pressevertretern ein informatives Video und beantwortet dann die Fragen. Erst einmal stellt er fest, dass der kleine Präsentationsaal lufttechnisch wohl der sauberste in Berlin sein dürfte, denn vor der Veranstaltung wurde er „vernebelt“. „Die Luft hier ist jetzt sauberer als in einem OP“, stellt Gao klar, um dann den Anwesenden den Wirkungsmechanismus zu erklären.

In Kürze: Auf zweierlei Weise geht es den schädlichen Aerosolen an den Kragen. Einmal physikalisch durch Luftreinigung mit dem sogenannten Hepa-Filter, zum anderen chemisch über die Vernebelung eines körperverträglichen Desinfektionsmittels.

Atmet eine infizierte Person Viren in einem behandelten Raum aus, dann werden diese durch die Vernebelung unschädlich gemacht. Die Viren-Aerosole werden von einer Vielzahl von desinfizierenden Aerosolen sofort kontaktiert und inaktiviert. Und der feine Desinfektionsnebel hat eine Depotwirkung. Über Stunden sind die Desinfektion-Aerosole wirksam.

Ganze Hallen könnten für Stunden mit diesem Wirkungsmechanismus virenfrei gehalten werden. Das Unternehmen produziert und liefert verschieden große Geräte – vom kleinen Stand-Vernebler bis hin zur großen „Vernebler-Kanone“.

Yuan Gao ist mit seiner Entwicklung schon an die Senatsgesundheitsverwaltung herangetreten. Auch an den Ausschreibungen der Bezirke von Luftreinigern und -filtern hat sich sein Unternehmen beteiligt.

Die Preise seiner Geräte liegen unterhalb derer konventioneller Luftreiniger. Für wenige hundert Euro ist ein kleiner Vernebler mit großer Wirkung schon zu haben.

Gaos Firma kann aber noch keine Referenzen aufweisen. Das erschwert den Verkauf, obwohl das Unternehmen auch umfangreichere Bestellungen in vier bis sechs Wochen liefern könnte.

„Jetzt ist die Politik gefordert, mit unserer Entwicklung haben wir ihr ein Angebot gemacht. Unabhängige Forschungseinrichtungen sollten jetzt prüfen, wie unsere Geräte helfen können, der Pandemie und ihren Auswirkungen zu begegnen,“ sagt Gao.

Eine Feuerprobe hat Gaos Entwicklung schon erfolgreich bestanden: Dank Vernebler und Hepa-Filter konnten vom 8. bis 18. April in dem Hotel am Borsigturm Veranstaltungen im Rahmen der Berliner Wein Trophy live stattfinden: zehn Tage lang, über hundert Leute, die jeden Tag zusammen kamen. ajö

Vor der Präsentation wurde jeder Teilnehmer „vernebelt“ und war dann für Stunden oberflächlich virenfrei. Foto: CB

Inka Thaysen

Ursprünglich beim Radio journalistisch ausgebildet, bin ich seit Ende 2018 für den RAZ Verlag tätig: mit redaktionellen sowie projektkoordinativen Aufgaben für print, online, Social Media und den PR-Bereich.