Die Industrie- und Handelskammer titelte vor kurzem in einem Bericht über die Firma: „Hermsdorfer Hidden Champion“. Zurzeit produzieren 15 Mitarbeiter komplizierte Messgeräte, um Körperflüssigkeiten zu analysieren. Im Zentrum steht menschliches Blut. Früher hatte jeder Internist ein solches Gerät, um Blutwerte zu bestimmen. Heute schicken die Ärzte in entwickelten Ländern die Blutproben zu großen, gut ausgerüsteten Zentrallaboren. Diese nutzen meist Großtechnik von chinesischen und japanischen Tech-Konzernen. Aber viele Ärzte in weniger entwickelten Landstrichen bauen weiterhin auf die Einzelgeräte „Made in Hermsdorf“.
Beim Aufkommen der Großlabore vor etwa 25 Jahren sind viele Kunden weggebrochen. Die Firma musste sich neu aufstellen. Heute liefert Riele ihre Apparate in entlegene Provinzen in China, Indien, Indonesien und Ägypten. Aber auch in Bürgerkriegsländer wie Jemen und Libyen. Besonders über den Bedarf von Libyen wundert sich Vertriebschef Lorenz Riele: „Manchmal frage ich mich, was die mit den vielen Photometern wollen.“ Hinfahren muss er dorthin nicht. Gehandelt wird auf großen Messen, zumindest vor der Corona-Pandemie. Heute läuft alles über die persönlichen Kontakte auf Distanz weiter. Linda Riele sagt: „Wie dürfen nicht meckern. Wir sind bisher gut durch die Corona-Zeit gekommen.“
Lorenz Riele wohnt mit seiner Familie in einer Wohnung direkt über den Büroräumen. Dort wachsen seine drei Kinder heran, genau wie er ein paar Jahrzehnte zuvor. Er ist für die kaufmännischen Belange und den Vertrieb zuständig, seine Schwester Linda als promovierte Ingenieurin für die Produktentwicklung und die Herstellung der Geräte. Es sind anspruchsvolle Computer, die in Hermsdorf gebaut werden. Auf die Bitte, die Arbeitsweise möglichst einfach zu erklären, lächelt sie und sagt: „In Verbindung mit Reagenzien wird das Blut von unseren Geräten durchleuchtet, um zu sehen, was auf der anderen Seite ankommt.“ Aus den Durchleuchtungsergebnissen können dann Hämoglobin- und Leberwerte oder auch Cholesterin bestimmt werden.
Angefangen hat alles kurz nach dem Krieg 1946 in Berlin Mitte. Der Großvater Otto Riele gründete mit seinem Onkel, dem Namensgeber Robert Riele, einen Großhandel für Krankenhaus- und Laboreinrichtungen. Doch schon 1949 zogen sie aus dem Ostteil der Stadt in das eher beschauliche Hermsdorf mit den politisch besseren Rahmenbedingungen für ein junges Unternehmen. Dort sind sie geblieben und würden so gern mit ihren Kunden und Mitarbeitern ein großes Fest zum Jubiläum feiern. Aber Corona macht das unmöglich. Auf ihrer Website bedauern sie das gegenüber ihrer internationalen Kundschaft auf Englisch. „We are heartbroken …“ – es bricht uns das Herz.
Ihre Mitarbeiter will die Familie zu „einem besonderen Mittagessen“ einladen. Auf die Zukunft angesprochen wünschen sie sich, dass „es so weiter läuft“. Im vergangenen Jahr setzte die Firma knapp zwei Millionen Euro um. Es blieb auch ein Gewinn übrig. Den eigentlichen Erfolg sieht Mutter Riele aber darin: „Es reicht für die Mitarbeiter und für uns.“
bs