RAZ. Ein Begriff. Zwei Medien.

Ein eingeschossiges Holzgebäude mit großen Fenstern. Davor eine Frau in orangefarbener Warnweste.
Stephanie Ambrosius vor dem TriqBriq-Pavillon. Foto: bs

FUTR HUT und CRCLR Hut

Sinnvolle Projekte mit schleierhaften Namen bei Tegel Projekt

Tegel – Ein bisschen kommt der Bus der Linie 109 in Reinickendorf wie ein UFO daher, der zu einem entlegenen Ort außerhalb der Galaxie fliegt. Der Bus hat das Ziel „Urban Tech Republic“ (UTR). Dabei ist das gar nicht so weit weg. „UTR“ ist ein Projekt zur Ansiedlung von Unternehmen auf dem ehemaligen Flughafen Tegel. Dort denken sie sich weitere Namen aus, die eher verwirren als Klarheit schaffen. „FUTR HUB“ ist etwas anderes „FUTR HUT“. Vokale wegzulassen ist modern. Eigentlich müsste es „Future“ für Zukunft heißen. Noch doller ist die Kreation „CRCLR Hut“. Hinter dem Kürzel-Ungetüm steckt das englische Wort „circular“ für zirkulär. Es geht um zirkuläre Wirtschaftsprozesse. Also, um die Wiederverwendung von Baumaterialien. Alls klr?

Projektleiterin erklärt das „Holzbau-Wunder“

Wenn nicht, lohnen sich Nachfragen bei Stephanie Ambrosius. Sie ist Projektleiterin der FUTR HUT bei der Tegel Projekt GmbH, die die Planungen zur Nachnutzung des Flughafens koordiniert. Ursprünglich sollte FUTR HUT „Bauhütte 4.0“ heißen. Doch der Name war schon vergeben. Die Bauhütten waren im Mittelalter Verbände, in denen sich Handwerker beim Bau von Kathedralen zusammenschlossen, um diese Wunderwerke der Architektur überhaupt erst zu ermöglichen.

So ein kleines Wunder soll auch auf dem Flughafengelände entstehen. Das „größte Holzbauprojekt Europas“, erklärt Ambrosius. 5.000 Wohnungen für 10.000 Menschen, die in klimaverträglichen mehrstöckigen Holzhäusern leben werden.

Das alles soll demnächst losgehen und schon Ende des Jahrzehnts wird mit der Fertigstellung der ersten Wohnungen ganz im östlichen Zipfel des Flughafengeländes gerechnet. Viele neue Techniken mit umweltverträglichen Baumaterialien sollen ausprobiert werden. Gerade ist ein erster Pavillon aus Holz auf dem Gelände entstanden. Er ist aus „TriqBriqs“ gebaut. Holzklötze, die ganz ohne Eisen und Beton zu Häusern zusammengesetzt werden. Lewin Fricke von „TriqBriq“ erinnert daran, dass die herkömmliche Bauwirtschaft für bis zu 40 Prozent des globalen CO2-Ausstoßes verantwortlich sei. Die FUTR HUT soll Fachleute zusammenbringen, die Lösungen für die Zukunft des Bauens erarbeiten.

Zukunftshalle noch im Planungsstadium

Der „TiqBriq“-Pavillon in der Nähe des Verwaltungsgebäudes ist aber nur ein Vorläufer dessen, was sich Ambrosius vorstellt. Erste Projektskizzen sind angefertigt für die Holzhalle, wo sich die Menschen treffen sollen, die ein neues Bauzeitalter beginnen wollen. Der Platz für diese FUTR HUT (Zukunftshütte) ist aber noch ein riesiger Geröllhaufen in der Nähe des ehemaligen Hangars und in Nachbarschaft zur Kleingartenkolonie. Hier stand früher ein Parkhaus aus Beton, das aber seine Zukunft hinter sich hat. Bereits 2026 soll dort die Zukunfts-Halle stehen und ein Treffpunkt für fortschrittliches Bauen werden. Ambrosius legt Wert darauf, dass alles auch der Bevölkerung zu erklären und verweist auf die Ausstellung „Material Culture“ im nahen Infocenter.

Warum diese Bemühungen um Verständlichkeit bei Tegel Projekt so häufig auf Englisch daherkommen, kann so recht keiner erklären. In der Ausstellung werden nachwachsende Baustoffe wie Holz oder Hanfkalk vorgestellt, die neue Perspektiven in der Bauwirtschaft eröffnen. Es wird die Wiederverwertbarkeit erklärt, die das Ende der linearen Verwendung von Baustoffen einläuten soll. Ambrosius schwärmt für Holz. Auf die höheren Baukosten angesprochen argumentiert sie, dass auch die Klimakosten einberechnet werden müssten. Dann stelle sich der Holzbau nicht mehr als teurer dar.

Bertram Schwarz

Meine erste journalistische Station war die Schülerzeitung meiner Schule, später war ich für verschiedene Zeitungen und Rundfunkanstalten als freier Mitarbeiter tätig, nach dem Studium als politischer Redakteur beim NDR und später als Geschäftsführer verschiedener Medienfirmen. Seit 2019 arbeite ich als freier Autor für die RAZ.