„Hallo Oma – ich hab‘ Corona“

Bezirk – Ja, das ist bitter: Die hochbetagte Oma einer RAZ-Leserin darf ihren 100-jährigen Geburtstag nicht im Kreis ihrer Lieben feiern. Schwer ist es aber auch für alle anderen in Pflegeheimen: Ob Vivantes Sommerstraße, Johanniter Karolinenstraße oder Renafan in der Schloßstraße – alle haben Besucher gestoppt oder reduziert. Reinickendorfs Amtsarzt Patrick Larscheid riet bereits vor Wochen, den Besucherverkehr sogar komplett einzustellen. Grund: Betreute Bewohner sind besonders gefährdet, da die Gefahr von Komplikationen bei einer Infektion sehr hoch ist. Deshalb müssen diese Personen besonders vor Ansteckung geschützt werden.

Und wie haben die Pflegeheim-Betreiber die Ansteck-Bremse umgesetzt? Bei Renafan in der Schloßstraße beispielsweise begann die Besuchs-Beschränkung vor dem aktuellen Totalstopp erst mit Fiebermessen und Kontaktlisten-Pflicht am Eingang. Andere Häuser haben den Besuchsverkehr auf einen Besucher und eine Stunde pro Tag reduziert oder, wie Vivantes in der Sommerstraße, bis 17 Uhr limitiert. Derlei Restriktionen gehen Hand in Hand mit einer Verstärkung der Hygienemaßnahmen. „Außerdem haben wir“, so Renafan-Sprecherin Christina Brandt, „für unsere gut 7000 bundesweiten Klienten und Mitarbeiter sehr schnell robuste Maßnahmen umgesetzt.“ Dazu gehört eine starke Einschränkung der Veranstaltungen in den Einrichtungen. Therapien, interne Kontakte und gemeinsame Mahlzeiten sind zum Zeitpunkt der Abfrage noch möglich. Doch wie fühlen sich Kontaktsperren und Veranstaltungs-Diät für die Bewohner an? „Es ist wie im Gefängnis“, klagt beispielsweise eine 93-jährige.

Besteht ersatzweise eine Möglichkeit, Video-Telefonate zu führen? Könnte man an die Bewohner Tablets verteilen? Oder internes Fernsehen einrichten? Hierzu noch mal Brandt: „Da wir es hier alle mit einer extrem dynamischen Situation zu tun haben, werden Maßnahmen wie skypen und weitere künftig ermöglicht werden, sofern die Priorisierung dies zulässt.“ Stellt sich nur die Frage, ob die Betreiber angesichts ihrer chronisch dünnen Personaldecken für Organisation und Anleitung Zeit erübrigen können? Bleiben vor allem klassische Hörtelefonate. Auch Briefe und Päckchen sind (solange die Post noch ausliefert) möglich.

Immerhin: Ein Gutes hat die Abriegelung schon jetzt: Es kommen keine „Enkeltrick“-Handlanger ins Haus, die nach Vorspiegelung falscher Verwandtschaftsverhältnisse durch einen Anrufer die alten Leute zur Bank und um ihre Ersparnisse bringen wollen. Perfides Motto der vermeintlichen Telefon-Enkel: „Hallo Oma – ich hab‘ Corona!“

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Erinnerung an bessere Zeiten: Oma Rosemarie in der Fußgängerzone

Foto: du

Inka Thaysen

Ursprünglich beim Radio journalistisch ausgebildet, bin ich seit Ende 2018 für den RAZ Verlag tätig: mit redaktionellen sowie projektkoordinativen Aufgaben für print, online, Social Media und den PR-Bereich.