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Kleine Findelkinder ganz groß

Hermsdorf – 101 Gramm, das ist alles, was der kleine Friedrich auf die Waage bringt. Das Fell schimmert im Sonnenlicht, die kleinen Krallen finden Halt am Pullover von Findelmama Deborah, und als die Mini-Spritze mit Spezial-„Nuckel“ voll leckerer Milch auftaucht, fängt das kleine Eichhörnchen an zu saugen – und die Welt ist wieder in Ordnung.

Die 26-jährige Deborah Clauss, ihre knapp zwei Jahre jüngere Schwester Scarlett und ihre Mutter Franziska sind Teil des Teams Eichhörnchen-Notruf e.V. und betreiben neben ihren Berufen seit nunmehr fast zehn Jahren eine der zahlreichen deutschlandweiten Auffang- und Auswilderungsstationen für hilfsbedürftige Eichhörnchen.

Ihre ersten Findelkinder in diesem Jahr sind „wasch-echte“ Reinickendorfer, wie Franziska Clauss erzählt: „Auf dem Friedhof an der Holländerstraße hatten Krähen einen Kobel auseinandergenommen. Drei der Jungtiere waren dadurch rausgefallen, eines hielt sich noch außen fest, und die Eichhörnchen-Mutter ist panisch davongelaufen.“ Die Friedhofsgärtner setzten die Nestreste und die vier Jungen in einen Pappkarton, stellten ihn unter den Kobelbaum und beobachteten das Ganze. In den nächsten zwei Stunden sei die Mutter nicht mehr zurückgekommen, aber die Krähen lauerten noch. „Und deshalb mussten sie zu uns“, erklärt die Hermsdorferin, die als Biologin und Dozentin im Naturkundemuseum tätig ist. „Wegen des Friedhof-Fundortes haben wir sie Friedolin, Friedrich, Friedhelm und Friederike genannt.

Tagsüber erhalten die winzigen Tierchen alle drei Stunden spezielle aus Pulver angerührte Katzen- und Welpenaufzuchtmilch. Nach zwei bis drei Wochen wird dann mehr und mehr Brei, Obst, Zwieback und Sonnenblumenkerne hinzugefüttert.

Noch sind sie in der Transportbox in einem selbst genähten Stoffnest. „Doch sie müssen ja klettern üben, und deshalb werden sie in einen Hamsterkäfig mit schmalen Gitterstäben umziehen. Als nächstes kommen dann Papageienkäfig und die große Außenvoliere, bevor die kleinen Klettermeister dann vollends ausgewildert werden.

Wer ein hilfebedürftiges Eichhörnchen findet, kann unter der Nummer 0700 – 200 200 12 täglich von 10 bis 12 und von 17 bis 19 Uhr die Eichhörnchen-Nothilfe erreichen. „Man kann bei diesen Tierchen viel richtig, aber auch viel falsch machen“, erklärt Franziska Clauss. „Deshalb sollten sich Eichhörnchen-Finder unbedingt mit uns in Verbindung setzen.“ fle

Inka Thaysen

Ursprünglich beim Radio journalistisch ausgebildet, bin ich seit Ende 2018 für den RAZ Verlag tätig: mit redaktionellen sowie projektkoordinativen Aufgaben für print, online, Social Media und den PR-Bereich.