Ein Original ist verstummt

Berlin/Bezirk – Der Bezirk und die ganze Stadt trauert um den dienstältesten Leierkastenmann Berlins. Eberhard „Orgel Ebi“ Franke, der mit seiner Drehorgel-Musik seit 1980 die Berliner und Touristen aus aller Welt erfreute, erlag am 12. Dezember im St. Gertrauden-Krankenhaus einer Corona-Infektion. Eberhard Franke wurde 89 Jahre alt.

Der Leierkasten verfolgte „Orgel Ebi“ sein Leben lang. Schon 1937, im Alter von sechs Jahren, zog er mit einem Leierkastenmann durch die Hinterhöfe Berlins. Seine erste eigene Drehorgel kaufte er sich 1980 für 6000 D-Mark. Insgesamt 40 Jahre lang waren Eberhard Franke und sein Leierkasten Teil des Stadtbildes. Ob auf dem Ku’damm, vor dem Brandenburger Tor, in einem der typischen Berliner Hinterhöfe – oder wie so häufig auf der Alt-Tegel.

Ein Erlebnis am 11. Februar 1988 machte „Ebi“ weltberühmt. Es war der Agentenaustausch auf der Glienicker Brücke. Dieser dritte und letzte Austausch war der erste, der in aller Öffentlichkeit stattfand. Journalisten und Fotografen aus aller Welt warteten an der Westberliner Seite der Brücke, um den Moment der Übergabe nicht zu verpassen, vor allem wegen der anstehenden Freilassung des prominenten jüdischen Bürgerrechtlers und sowjetischen Dissidenten Anatoli Schtscharanski. „Orgel Ebi“ las in der Zeitung von dem geplanten Austausch und entschloss sich, die Agenten auf der Berliner Seite mit seiner Drehorgel zu begrüßen. Und so ging das Foto von „Orgel Ebi“ vor der Glienicker Brücke um die Welt und landete auch auf der Titelseite der „B.Z.“.

Danach war er gefragt, durfte bei Eberhard Diepgen spielen und vor dem amerikanischen Präsidenten Ronald Reagan, dem ehemaligen französischen Staatspräsidenten François Mitterrand und der Queen Elizabeth. Beim Abschied der Fluggesellschaft PanAm war Orgel Ebi ebenfalls auf dem Flughafen Tegel dabei.

Jetzt ist der Leierkasten für immer verstummt. Ende November war der 89-Jährige mit Rückenschmerzen ins St. Gertrauden-Krankenhaus gekommen. Vermutlich infizierte er sich dort mit dem Corona-Virus und verstarb am 12. Dezember 2020.

kbm

Inka Thaysen

Ursprünglich beim Radio journalistisch ausgebildet, bin ich seit Ende 2018 für den RAZ Verlag tätig: mit redaktionellen sowie projektkoordinativen Aufgaben für print, online, Social Media und den PR-Bereich.