Eine enkeltaugliche Zukunft aus dem Wald

Tegel – Kaum ist der letzte Flieger vom Flughafen Tegel gestartet, legt die Tegel Projekt GmbH für die Nachnutzung des Flughafengeländes los. Etwa 48 Hektar der insgesamt fünf Quadratkilometer sollen mit Häusern bebaut werden, in denen später 10.000 Menschen leben werden. Das sogenannte Schumacher Quartier wird im östlichen Zipfel des Geländes entstehen. Es sollen überwiegend Gebäude aus Holz sein. In einer Videokonferenz stellten Tegel Projekt, das Fraunhofer- Institut und die Technische Universität Berlin der interessierten Öffentlichkeit eine Studie zu ihren Planungen vor.

Zurzeit ist Bauen mit Holz noch etwa 10 Prozent teurer als konventionelle Bauten aus Stein, Beton und Stahl. Mit dem Schumacher Quartier sollen Erfahrungen mit diesem nachwachsenden und CO2-bindenden Baumaterial für größere Wohnsiedlungen gesammelt werden. Philipp Bouteiller von Tegel Projekt hofft, dass schon im 2., spätestens 3. Bauabschnitt die Baukosten 20 bis 30 Prozent unter den heutigen Kosten für Häuser liegen werden. Er sieht dieses Wohnquartier als einen wichtigen Schritt zur angestrebten Klimaneutralität von Berlin im Jahr 2050 an. Losgehen soll es 2022 mit ersten Tiefbauarbeiten und wenn alles klappt, können die ersten Mieterinnen und Mieter 2027 einziehen.

Bouteiller spürt von allen Seiten „Rückenwind“ für das Bauen mit Holz und möchte, dass Berlin ein „Zentrum dieser neuen Industrie“ werde. Holz nehme nicht nur CO2 auf, sondern sei auch noch in Hülle und Fülle rund um Berlin in Brandenburg vorhanden. Es fallen keine großen Transportwege an, und die Holzwirtschaft soll von diesem neuen Trend profitieren. Holger Kohl vom Fraunhofer-Institut will so den „Wald mit der Stadt zusammenbringen“. Er sieht noch weitere Vorteile für den Holzbau. So werden die Teile an anderer Stelle vorgefertigt. Nur die Endmontage finde auf der Baustelle statt. Das verkürze die Bauzeiten erheblich.

Zentrum der Aktivitäten zur Errichtung des Schumacher Quartiers soll die „Bauhütte 4.0“ werden, wo sich Fachleute interdisziplinär treffen und gemeinsam über den besten Einsatz von Holz für Wohngebäude mit mehreren Etagen beraten. Kohl sieht ein „Experimentallabor“ in Tegel entstehen. Denny Ohnesorge vom Hauptverband der Deutschen Holzindustrie erklärt in der Videokonferenz, dass die Wandstärken aufgrund der Beschaffenheit von Holz dünner ausfallen können. Das bringe bei gleichen Außenmaßen einen Mehrgewinn von 10 Prozent an Wohnfläche im Vergleich zu konventionellen Bauten. Außerdem spricht er von einem „gleichen Brandschutzniveau“ für Holzbauten wie für Gebäude aus Stein und Beton und fasst zusammen: „Holz kann was“.

Die Architektin Elise Pischetsrieder fügt hinzu, Holz brenne, wenn es „luftumspült“ sei. Es entzündeten sich aber nur die oberen Schichten, der „Kern wird nicht tangiert“. Sie erlebe eine Trendwende in der Bauwirtschaft hin zum „ältesten und leistungsfähigsten“ Baustoff. Der Holzbau sei eine „enkeltaugliche Zukunft“, die jetzt aber im großen Stil ausprobiert werden müsse, damit sie „nicht nur auf dem Papier steht, sondern unsere Enkel sie auch erleben.“ bs

Inka Thaysen

Ursprünglich beim Radio journalistisch ausgebildet, bin ich seit Ende 2018 für den RAZ Verlag tätig: mit redaktionellen sowie projektkoordinativen Aufgaben für print, online, Social Media und den PR-Bereich.