RAZ. Ein Begriff. Zwei Medien.

Und dann klickten die Handschellen

Reinickendorf – Ein Blick auf den Gehweg vor dem Edeka-Markt an der Karkstraße genügt, um zu sehen, was dort abläuft: Dutzende Männer und Frauen bieten aus Rolltaschen und überdimensionalen Tüten ihre Waren an. Einer hat einen ganzen Sack voll Haarshampoo, ein anderer verkauft Hunderte von Päckchen Geschirrspülmittel-Tabs. Weiter hinten bietet eine Frau original verpackte große „Mercie“-Sortimente in Ikea-Tüten am Supermarkt an. Drum herum bilden sich große Trauben von interessierten potentiellen Käufern. Von Abständen und der Einhaltung von Corona-Vorschriften keine Spur. Die Produkte wechseln im Sekundentakt mitten auf dem Gehweg die Besitzer. Hat der Verkäufer alle Produkte aus einer Tasche verkauft, wird aus einem Kofferraum schnell Nachschub geholt.

Wer so etwas noch nicht gesehen hat, kann seinen Augen kaum trauen, was da an einem so friedlichen, sonnigen Sonntagmorgen in Reinickendorf abläuft.

Es gibt jede Woche diverse Probleme, die mit dem Flohmarkt in Zusammenhang stehen. „Da ist zum einen die Vermüllung, die immer ex­tremer geworden ist, obwohl der große Flohmarkt auf dem Edeka-Parkplatz geschlossen wurde“, erklärt Sebastian Maack, Bezirksstadtrat der Abteilung Bürgerdienste und Ordnungsangelegenheiten.

Doch was verstärkt hinzugekommen ist, sei der illegale Verkauf von Hehlerware im öffentlichen Raum. Diese sich neu gebildete Kriminalität rund um die Flohmärkte herum stand am Sonntag, 8. November, im Fokus des gemeinsamen Einsatzes von Mitarbeitern des Ordnungsamts Reinickendorf und Polizeibeamten der Direktion 12. Es ging dabei eben genau um den Verkauf von Hehlerware – angefangen von geklauten Haarshampoos über Kaffee bis hin zu Süßigkeiten, die zuvor im Einzelhandel gestohlen und dann neben den Flohmärkten verkauft wurden.

Dann geht alles ganz schnell: Ein konzentrierter Zugriff von illegalen Verkäufern durch Polizeibeamten von unterschiedlichen Seiten erfolgte schnell und leise. Schon wurden die ersten illegalen Händler zu Personalien und ihren Waren befragt, Handschellen klickten. Insgesamt wurden bei neun illegalen Händler Ordnungswidrigkeiten des Berliner Straßengesetzes festgestellt, die vermutlich gestohlene Ware verkauft haben.

Im Anschluss wurden auch die Flohmärkte kontrolliert, vor allem im Hinblick auf den Verkauf von Neuwaren. Hier wurden zwei Ordnungswidrigkeiten nach dem Berliner Ladenöffnungsgesetz festgestellt – das heißt, es wurde an einem Stand überwiegend Neuware verkauft.

Auch auf den Straßen wurde kontrolliert – die Parksituation stand im Mittelpunkt dieser Kontrollen durch Mitarbeiter des Ordnungsamtes. Insgesamt 163 Knöllchen wurden wegen Falschparken oder anderen Berliner Verkehrsordnungswidrigkeiten verteilt.

„Wenn es nach dem Ordnungsamt ginge, würden wir solche großen Kontrollen jede Woche oder zumindest jede zweite Woche machen“, sagt Maack. Allerdings seien solche Einsätze begrenzt durch die Verfügbarkeit der Polizei.

„Wir haben jedoch das Glück, dass der Polizeiabschnitt 12 sehr an diesen Einsätzen interessiert ist, sehr kooperativ ist und gut mit uns zusammenarbeitet“, fügt er hinzu. Und wenn keine Einsatzhundertschaft vom Land zur Verfügung stehe, die eigentlich dafür vorgesehen ist, würde der Abschnitt aus eigener Zuständigkeit versuchen, eigenes Personal soweit zusammenzuziehen, dass wenigstens ein kleiner Einsatz möglich sei.

„Das ist auch ganz im Sinne der Anwohner, für die der Müll, der Lärm und die Parksituation eine extreme Belastung darstellen“, fügt der Stadtrat abschließend hinzu. fle

Der Herr in Handschellen hat wohl auch etwas falsch gemacht. Foto: fle

Inka Thaysen

Ursprünglich beim Radio journalistisch ausgebildet, bin ich seit Ende 2018 für den RAZ Verlag tätig: mit redaktionellen sowie projektkoordinativen Aufgaben für print, online, Social Media und den PR-Bereich.