In meiner Straße ist es duster. Keine Straßenlaterne erhellt das Kopfsteinpflaster, einige wenige Nachbarn erhellen sich die Zufahrt mit Bewegungsmelder-gesteuerten Lampen oder pflegen sehr helle Hausnummer-Beleuchtungen, doch ansonsten ist von der angeblich historisch mal vorhanden gewesenen Straßenbeleuchtung keine Spur mehr zu finden. Sie wurde in der in den Dreißigern des vorigen Jahrhunderts angelegten Wohnhaussiedlung am Tegeler See mit dem bezeichnenden Namen „Germaniapark“ durch einen Anwohnerverein betrieben.
Heute sind Verein, Siedlungsname und Beleuchtung zum Glück Geschichte. Das fehlende Licht hat mich nie gestört – von den Hochhäusern und dem überbelichteten Himmel gibt es genug Streulicht und die bösen Buben stehen schon lange nicht mehr mit dem Knüppel hinterm Busch, sondern lauern im Internet und am Telefon.
Ich mag es, in dunkle, klare Winterhimmel zu schauen, selbst wenn es in Berlin nur die leuchtkräftigsten Sterne wie der Gürtel des Orion, die Plejaden und Ursa Major zu sehen gibt. In der Dunkelheit kann man dem Ruf des Waldkauzes lauschen, während futtersuchende Igel im Herbst wie kleine Bulldozer durchs Laub wühlen. Komme ich aus meiner kleinen Straße, um bei dem Kiezversorger auf dem Emstaler Platz noch spätabends ein paar Kleinigkeiten zu kaufen, sehe ich das Trauerspiel, was man dort aus der Nacht gemacht hat. Während der gefühlt jahrelangen Wiederherstellung der Überdachung entlang der Ladenzeile auf dem Platz wurde der Vorgängerbau samt des schönen Blauregens gerodet. Kleinsteinpflaster statt Begrünung, so dass man die Hässlichkeit noch besser sehen kann.
Unterhalb der neuen Überdachung, direkt über den Schaufensterfronten, zieht sich nun eine Schlange aus Leuchtkörpern, die mit schwarzen Kabeln verbunden für kaltweißes, grelles Licht sorgen. Es strahlt monoton nicht auf den Boden, sondern in die Dunkelheit des Platzes und reduziert die davor wandelnden Passanten zu schwarzen Schatten. Das blendende Licht wird in den Sommermonaten noch für zahlreiche Insektentode sorgen, die sich in die Hochhäuser verirren. Am Flughafen BER sorgen derart beleuchtete Glasfassaden während der Vogelzugzeit sogar für nächtlichen Vogeltod an den Scheiben. Ich frage mich, wer heutzutage noch so ein mensch- und tierfeindliches Lichtkonzept verbrochen hat – ob es wieder eine technische Baunorm war, die einen uninspirierten Architekten dazu veranlasst hat? Oder musste man einfach noch die Lampenreste eines nie realisierten Parkhauses verwerten?
Simple, warmweiße Einbau- oder Aufbauspots auf der Überdachungsunterseite hätten sinnvoll und ohne Blendwirkung nach unten strahlend ein freundliches, einladendes Ambiente geliefert und das vermutlich mit weit weniger Leuchtmitteln und geringeren Betriebskosten. Innovative Ideen wie die Schaltung mittels Bewegungsmeldern nur bei Bedarf hätte man als Beitrag zum Insektenschutz auf die Website des Bauherrn, der GEWOBAG, schreiben können.
Chance vertan – Schade!