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Anna will in die Antarktis

Frohnau – Anna Madlener will tief hinab – und hoch hinaus. Ihre Schulzeit hat sie in Frohnau verbracht, jetzt studiert sie Meeresrobotik in Stockholm. Sie will mit den Robotern tief hinunter auf den Meeresboden, um seltene Lebenswesen zu beobachten und vor allen Daten zu sammeln, um Schutzprogramme für die von Menschenhand gefährdeten Ozeane zu entwickeln. Gleichzeitig will sie als Frau in der Gesellschaft aufsteigen und Führungsaufgaben in den Naturwissenschaften übernehmen. Auch darauf bereitet sie sich gründlich vor.

Sie ist eine von 75 ausgewählten Frauen aus aller Welt mit einem naturwissenschaftlichen Hintergrund, die mit der australischen Initiative „Homeward Bound“ (auf Heimfahrt) ein Frauennetzwerk aufbaut. Dazu plant die Frauengruppe, im November 2020 mit einem Forschungsschiff für drei Wochen von Argentinien aus in die Antarktis aufzubrechen. Die Kosten für Annas Passage belaufen sich auf stolze 33.000 US-Dollar. Die Hälfte wird von Sponsoren der Aktion „Homeward Bound“ übernommen. Den Rest muss sie finanzieren.

Ihre Mutter hat Anna ermutigt, das Antarktis-Abenteuer zu wagen, aber ihr auch gleichzeitig gesagt, dass sie sich um die Finanzierung selbst zu kümmern habe. Anna will es mit „Fundraising“ probieren, was eine Art „Geld einsammeln unter Interessierten“ ist. An diesem Abend in Frohnau hat eine Freundin ihrer Mutter ihr Haus für einen Probelauf zum Geld-Einsammeln zur Verfügung gestellt. 30 Freunde und Bekannte sind gekommen, um sich die Geschichte von Anna anzuhören.

Die umtriebige junge Frau ist aber nicht nur Robotik-Fan, Ozean-Liebhaberin, Frauen-Netzwerkerin, sondern auch Künstlerin. So hat sie sich für diesen Abend etwas ganz Besonderes ausgedacht. Um ihre Faszination für die Unterwasserwelt den Gästen nahezubringen, untermalt sie – zum Teil von der Familie selbstgedrehte – Tauchvideos live mit der Querflöte. Mal sind es Mantas die bei sphärischen Flötentönen dicht vor der Kameralinse abdrehen, ein anderes Mal Höhlenbilder zu denen Anna auf der Querflöte nur die Atemgeräusche der Taucher simuliert.

Ihre Gäste will sie animieren, ihren Antarktis-Trip mitzufinanzieren. Das Geld können diese entweder ganz einfach in ein großes Glas am Eingang legen oder später auf ihrer Website spenden. Dort bietet sie besondere Belohnungen für größere Geldgaben. So verspricht sie für 25 Euro eine Postkarte aus dem ewigen Eis, für 200 Euro einen Sprung in das eiskalte Meer (mit Beweisfoto) und für 1.000 Euro vorab wird sie nach der Reise für einen Vortrag über ihr Abenteuer beim Spender vorbeischauen. Auf der Webseite ist zu lesen, dass ein Hüpfer ins kalte Wasser bereits für 200 Euro gebucht wurde.

Bei der Diskussion nach dem Vortrag von Anna in Frohnau stellen vor allem die wenigen Männer im Raum kritische Fragen an die Frauennetzwerkerin: „Was passiert denn auf dem Schiff?“ Einer will gar wissen: „Wann steht ihr auf?“ Anna erklärt geduldig, dass es neben Informationsveranstaltungen über die noch weitgehend intakte Antarktis darum geht, dass die Frauen sich näher kennenlernen, um später in den nach wie vor von Männern dominierten naturwissenschaftlichen Berufen ein Kontaktnetz zu knüpfen.

Leider haben die Naturwissenschaftlerinnen keine Lizenz, während ihrer Reise auf dem Meeresboden mit Robotern zu experimentieren. Die Aussicht auf Gesteinsbrocken aus eisiger Tiefe ließen vielleicht ganz gut die Spendenkassen klingeln. So muss Anna auf ihrer Website mit fröhlichen Bildern von sich für ihre Fahrt ans eisige Südende der Welt weiter werben. Die Webadresse lautet: https://chuffed.org/project/hb5-anna-to-antarctica An diesem Abend stand der Spendenanzeiger bei 5.148 Euro. 

bs

Inka Thaysen

Ursprünglich beim Radio journalistisch ausgebildet, bin ich seit Ende 2018 für den RAZ Verlag tätig: mit redaktionellen sowie projektkoordinativen Aufgaben für print, online, Social Media und den PR-Bereich.