Per „Bockstein“ übers Feld

Frohnau – Der Lockdown in der Corona-Krise hatte auch seine guten Seiten. Viele Menschen kamen zur Ruhe und überlegten sich, wie es nun weitergehen soll. Xaver von Treyer lebt mit seiner Frau und ihren drei Kindern in Frohnau. Beide arbeiten in High-Tech Unternehmen. Xaver von Treyer wurde in Kurzarbeit geschickt. Ende der Sommerpause ist sein Wiedereinstieg geplant. Viel Zeit für neue Ideen. Und er hat diese Denkpause genutzt.

Seit Kindesalter hat er gern an seinen Fahrrädern herumgeschraubt. Häufig habe es deswegen Ärger gegeben, da er sich „im Keller verschanzt“ habe, obwohl er eigentlich andere Dinge erledigen sollte. Von Treyer lacht und sagt: „Fast wie heute.“ Im Keller des Familienhauses hat er sich eine komplette Fahrradwerkstatt eingerichtet und bastelt an seinen Zukunftsplänen. Er ist dabei, seine eigene Fahrradmarke aufzubauen.

Vor einigen Jahren kam er von einer Geschäftsreise zurück und brachte der jüngsten Tochter einen Steinbock als Kuscheltier mit. „Oh“, rief diese begeistert, „ein Bockstein.“ Schon war der Markenname für das zukünftige Fahrradgeschäft geboren. Der kleine Wort-Dreher erregt Aufmerksamkeit, und trotzdem soll der Name für „über Stock und Stein“ stehen. Von Treyer konzipiert seine Fahrräder für den Gebrauch in der Natur.

Ein Fahrrad besteht aus dem Rahmen, Rädern mit Bereifung, der sogenannten „Gruppe“ (Schaltung, Kurbel, Kette, Tretlager, Bremsen) und etlichen Anbauteilen, wie Sattel und Lenker. Schon früher hat von Treyer „Individualaufbauten“ von Fahrrädern für Freunde koordiniert. Im Vordergrund stand und steht für ihn immer die Beratung, welches Fahrrad zu der jeweiligen Person und der angestrebten Nutzung passt. Jetzt will er mit Hilfe seines Internetauftritts unter www.bockstein.bike komplette Fahrräder nach Kundenwunsch anbieten.

Eine erste Kundin hat er bereits im heimischen Frohnau gefunden. Sie bekommt einen „Freundschaftspreis“. Normalerweise werden die von ihm konzipierten und zusammengebauten Fahrräder zwischen 2.000 und 4.000 Euro kosten. Er hat Kontakt zu den einzelnen Zulieferfirmen, zumeist aus Fernost. Weitere Interessenten haben sich aus dem ganzen Bundesgebiet gemeldet. Auch ein erster potenzieller Kunde aus dem Ausland ist schon dabei: „Luxemburg“, verkündet von Treyer stolz.

Zunächst wird er weiter im eigenen Keller werkeln. Er hat aber schon Räume in einem nahen Gewerbegebiet im Auge. Vor allen Dingen die aufwändigen Lackierarbeiten will er schnell auslagern. Sieben hauchdünne Schichten hat er auf das „Fatbike“ (siehe Foto) gesprüht. Es ist sein Vorzeigemodell in den – je nach Lichteinfall – Farben Grün, Blau, Gold. Die Lackierung der fast federleichten Carbon-Rahmen sei „eine Wissenschaft für sich“. Im Ganzen wiegt das bereits fertiggestellte Fahrrad im Vollausbau 11,5 Kilogramm. Je nach Vorstellungen der Kunden kann es aber auch leichter sein.

Während seine Frau im Home Office unter dem Dach arbeitet, macht sich von Treyer Gedanken über seine Zukunft. Auf jeden Fall will er wieder seine interessante Arbeit als Vertriebsleiter in dem Startup für Museums- und Ausstellungstechnik aufnehmen, sobald die wirtschaftliche Lage es zulässt. Aber seine Pläne aus dem Lockdown rund um das Fahrrad will er nicht aufgeben. Am liebsten möchte er seine Marke „Bockstein“ so groß machen, dass „meine Familie und ich davon leben können.“bs

Inka Thaysen

Ursprünglich beim Radio journalistisch ausgebildet, bin ich seit Ende 2018 für den RAZ Verlag tätig: mit redaktionellen sowie projektkoordinativen Aufgaben für print, online, Social Media und den PR-Bereich.