Berlin hat nicht den besten Ruf: BER, Mietendeckel – und nicht nachvollziehbare Wahlpannen vor, am und nach dem 26. September bestimmen das Bild, das bundesweit von der Hauptstadt gesehen wird. Die September-Wahlen in Deutschland waren begleitet von einem Erdrutsch, der neue Regierungsmehrheiten brachte. Die Berliner Bezirkslandschaft zeigt – wie auch bei den letzten Wahlen – vergangenheitsbedingt unterschiedliche Mehrheitsverhältnisse: diesmal jedoch in anderer Mischung. Bundesweites Beben: Von Tabu- und Dammbruch war die Rede. In Pankow wurde mit Sören Benn ein bekannter Linkspolitiker trotz Wahlniederlage zum Bürgermeister, mutmaßlich mit den Stimmen der AfD, gewählt. In Charlottenburg/Wilmersdorf, Steglitz/Zehlendorf, Tempelhof/Schöneberg, Friedrichshain/Kreuzberg und Lichtenberg sind die Bezirkswahlergebnisse noch offen.
In Reinickendorf erzielten die Ampel-Parteien SPD, Bündnis 90/Grüne und FDP eine Vereinbarung, die aus Koalitionspartnern eine verbindliche Zählgemeinschaft machen. Damit sind die Reinickendorfer Politiker Vorreiter für andere noch nicht entschiedene Berliner Bezirke und sogar für die rot-gelb-grüne Ampel im Bund. Nach bemerkenswert kurzer, aber intensiver Verhandlungszeit unterzeichneten die Fraktionsvorsitzenden und Bezirkschefs der einzelnen Parteien feierlich die einvernehmlich ausgehandelte Zählvereinbarung. Den Pakt vollzogen im Bezirksverordnetensaal des Reinickendorfer Rathauses Jörg Stroedter und Marco Käber für die SPD, Hinrich Westerkamp, Günes Kekes und Klara Schedlich für Bündnis 90/die Grünen sowie Sibylle Meister und David Jahn für die FDP. Die Intention der Vereinbarung ist die Wahl der Mitglieder des Bezirksamtes sowie kommunalpolitische Schwerpunkte und Aufgaben für die 21. Wahlperiode der Bezirksverordnetenversammlung Reinickendorf für die Zukunft des Bezirks – sozial, nachhaltig und modern. Die Präambel beginnt: „Die Zählgemeinschaft von SPD, Bündnis 90/Die Grünen und FDP richtet ihre Bezirkspolitik am Leitbild sozialer Gerechtigkeit, Toleranz und nachhaltiger Zukunftsgestaltung aus.“ Das ist nun die Mehrheitsfraktion im Rathaus, die Uwe Brockhausen zur Wahl als Bürgermeister anmeldet. Die CDU wird eine starke Oppositionsfraktion, die sich nach Aussage des Fraktionsvorsitzenden Marvin Schulz gegenüber der RAZ „grundlegend erneuern muss.“ kbm