Bezirk – Mehr als hundert Tage ist Uwe Brockhausen als Frank Balzers Nachfolger im Amt des Bezirksbürgermeisters. Im Gespräch mit der RAZ zieht er ein erstes Fazit und blickt voraus.
Sie waren im Ankunftszentrum, bei dem Menschen aus der Ukraine ankommen. Wie sehen Sie die Situation?
Angesichts des völkerrechtswidrigen Angriffs auf die Ukraine und der schrecklichen Kriegsbilder stehen wir alle vor einer völlig neuen Situation und großen Herausforderungen. Wenige Tage haben unser Leben völlig verändert, bewusst gemacht, dass Frieden, Freiheit und Demokratie nicht selbstverständlich sind. Es ist wichtig, unsere Solidarität zum Ausdruck zu bringen, die Flüchtlinge zu unterstützen sowie entsprechende Vorbereitungen für ankommende Menschen zu treffen.
Wie sehen diese Vorbereitungen aus?
Es erreichen uns immer mehr geflüchtete Menschen aus dem Kriegsgebiet. Die meisten mussten bisher nicht untergebracht werden, da sie bei Familienangehörigen oder Freunden unterkommen konnten. Wir müssen aber in Berlin darauf vorbereitet sein, dass wir noch viele Menschen unterbringen und versorgen müssen. Diese Aufgabe muss in Berlin zentral gesteuert und geleistet werden. Wir werden selbstverständlich hier unseren Beitrag leisten.
Die 100-Tage-Frist ist abgelaufen. Wie ist Ihr Fazit?
Wir haben die Neustrukturierung des Bezirksamtes mit sechs neuen Abteilungen abgeschlossen, einen Entwurf für die Haushaltjahre 2022 und 2023 unter schwierigen Rahmenbedingungen erarbeitet und auch neue Schwerpunkte für unseren Bezirk auf den Weg gebracht.
Sie haben das Thema Haushalt angesprochen. Wo stehen wir hier in Reinickendorf?
Wir haben es auch unter den strikten Einsparvorgaben des Senats geschafft, der BVV einen Haushaltsplanentwurf für 2022 und 2023 vorzulegen, der es uns ermöglicht, ohne Einschränkungen oder gar Schließung von Einrichtungen unsere Arbeit fortzuführen. Mein Ziel geht aber weiter: Verbesserung und Ausbauen der Leistungen und Angebote für die Menschen im Bezirk. Deshalb denke ich, dass Einsparungen im Haushalt der Bezirke das falsche Signal sind. Wir brauchen starke, zukunftsorientierte und gut aufgestellte Bezirksämter ohne Einsparvorgaben in Millionenhöhe. Hier erwarte ich eine größere Unterstützung durch den Senat.
Wo sehen Sie die Zukunftschancen?
Im Bezirk wird das wichtigste Wirtschaftsprojekt der Region in Berlin und Brandenburg auf dem TXL-Gelände vorangebracht werden: Forschen, Arbeiten und Leben für die Stadt von morgen.
Welche neuen Schwerpunkte halten Sie im Bezirk für wichtig?
Bezahlbarer Wohnraum, Klimaschutz, Verkehrswende, Nachhaltigkeit. So ist es wichtig, dass wir eine Klimaleitstelle im Bezirksamt etablieren und unsere Arbeit verstärkt auf Nachhaltigkeit ausrichten.
Danke für das Gespräch.
Karin Brigitte Mademann