Blick vom Schulhof auf den Eingang eines Schulgebäudes; davor eine breite Treppe und Fahrradständer.
Das französische Gymnasium | Foto: bod

Hier macht Frankreich Schule

Französisches Gymnasium mit langer Tradition

Vor 50 Jahren zog das Französische Gymnasium vom Kurt-Schumacher-Damm in die Derfflingerstraße in Tiergarten. Gut zwei Jahrzehnte lang hatte die Bildungseinrichtung in Tegel ihre Heimat gehabt – eine vergleichsweise kurze Periode in ihrer langen Geschichte, denn sie besteht bereits seit 1689 und gilt damit als älteste öffentliche Schule Berlins. 

Von der Gründung bis Napoleon

Im Laufe der Jahrhunderte ist das Gymnasium mehrere Male umgezogen. Gegründet wurde es vom Kurfürsten von Brandenburg für die protestantischen Hugenotten, die wegen der massiven Verfolgung durch die katholische Mehrheit ihrer Heimat Frankreich den Rücken gekehrt hatten. Der erste Leiter der Lehranstalt war Charles Ancillon, an den seit 1996 ein Weg in Französisch Buchholz in Pankow erinnert. 1766 wurde der Theologe Jean Pierre Erman zum Direktor des Gymnasiums ernannt. In dieser Position traf er 1806 mit einer Delegation in Berlin auf Napoleon bei dessen Einzug in die preußische Hauptstadt. Der Eroberer zeigte sich beeindruckt von Ermans offenen Worten, der trotz seiner französischen Wurzeln seinen deutschen König verteidigte. Napoleons Besatzung führte dazu, dass Erman wie die meisten Hugenotten fortan der deutschen Sprache den Vorzug gab.

Die Zeit des Nationalsozialismus

Im Gymnasium konnte sich Französisch als Unterrichtssprache selbst in der Zeit des Nationalsozialismus halten. Dafür sorgte auch der mit dem Widerstand gegen Hitler sympathisierende Direktor Ernst Lindenborn, der mal mehr mal weniger subtil seine kritische Haltung gegenüber dem NS-Regime zum Ausdruck brachte. Der Pädagoge Hartmut von Hentig, ein ehemaliger FG-Schüler, gab vor 14 Jahren in einem Interview mit den „Kinderreportern“ des Gymnasiums Auskunft über die NS-Zeit: „Wir fühlten uns in der Schule wohl und geborgen. Nicht das ständige Gedröhn, die Hass- und Siegesreden, die aus Lautsprechern auf öffentlichen Plätzen kamen.“

Zusammenschluss mit Lycée de Frohnau in der Cité Pasteur

Im Mai 1945 brannte die Schule am Reichstagufer 6 aus, wobei auch sämtliche Unterlagen vernichtet wurden. Große Teile der wertvollen Bibliothek, in der sich auch Bücher aus dem 17. Jahrhundert fanden konnten erhalten werden, weil viele davon ausgelagert waren. Kurz nach der Kapitulation nahm Lindenborn den Unterricht wieder auf und nutzte als Klassenraum zunächst ein Turmzimmer im Französischen Dom. In Ermangelung von Kreide und Tafel schrieb er mit Kalkbrocken auf einen dunklen Schrank. In Wedding fand das Gymnasium zunächst eine neue Unterkunft. Der Zuzug von Militärangehörigen aus Frankreich führte zudem zur Gründung des französischsprachigen Lycée de Frohnau. Im September 1952 wurden die beiden Schulen zusammengelegt und im Jahr darauf folgte der Umzug in das neu errichtete Unterrichtsgebäudes in der Cité Pasteur am Kurt-Schumacher-Damm.

Schülertransport mit Militär-Bussen

Die Gründe für den nächsten Standortwechsel 1974 lagen zum einen am Platzmangel – so fehlte beispielsweise eine Aula –  zum anderen am zunehmenden Lärm der startenden und landenden Maschinen auf dem benachbarten Flughafen Tegel. Wegen des weiten Schulwegs brachten blaue Busse der Militärregierung die Kinder vom neuen Unterrichtsgebäude in der Derfflingerstraße in die Unterkünfte der Alliierten im französischen Sektor, erst mit dem Abzug der Streitkräfte nach der Wiedervereinigung verschwanden die markanten Fahrzeuge aus dem Stadtbild.

Heute lernen 810 Schüler aus 50 Nationen am Französischen Gymnasium Berlin.

Boris Dammer