Hausfassade mit Wandbild darauf
Dieses Wandbild vom „Emil und die Detektive“-Cover befindet sich an einer Kita in der Prager Straße in Wilmersdorf. Foto: bod

Vaterglück und Liebesfrust

Historisches – Zum 50. Todestag des Schriftstellers Erich Kästner

Schon 1931 schrieb der Schriftsteller Erich Kästner das Gedicht „Ein Brief an meinen Sohn“:

„Ich möchte endlich einen Jungen haben,
so klug und stark, wie Kinder heute sind.
Nur etwas fehlt mir noch zu diesem Knaben.
Mit fehlt nur noch die Mutter zu dem Kind.“

Allerdings sollte sich sein Wunsch erst ein Vierteljahrhundert später erfüllen und war mit ungeheuer belastenden privaten Auseinandersetzungen verbunden.

Als der 1899 in Dresden geborene Kästner Mitte der 1920er Jahre nach Berlin kam, verdiente er sich seinen Lebensunterhalt als vielbeschäftigter Journalist. Seinen nachhaltigsten Erfolg hatte er allerdings mit Kinderbüchern – allen voran: „Emil und die Detektive“. Aber auch „Pünktchen und Anton“, „Das fliegende Klassenzimmer“, „Das doppelte Lottchen“  sowie „Die Konferenz der Tiere“ gehören längst zu den Klassikern, die noch viele nachfolgende Generationen entzückten.

Werke fielen Bücherverbrennung zum Opfer

Dem Nazi-Regime gab Kästner anfangs „höchstens ein Jahr“, sollte sich damit jedoch bitter täuschen. Seine Werke gehörten zu jenen, die den Flammen der öffentlichen Bücherverbrennung zum Opfer fielen. Kästner gilt als der einzige Autor, der die Zerstörung seiner Schriften mit eigenen Augen mitverfolgte. In „Der Gang vor die Hunde“ beschrieb er hellsichtig, wie „die Zeitgenossen, störrisch wie die Esel, rückwärts laufen, einem klaffenden Abgrund entgegen, in dem Platz für sämtliche Völker Europas ist“. Bei dem Werk handelt es sich um die Urfassung von „Fabian“, seinem einzigen Roman für Erwachsene, den der Verlag in einer entschärften Version herausbrachte. Trotz offiziellen Schreibverbots im Dritten Reich lebte er von Veröffentlichungen im Ausland und konnte unter Pseudonym arbeiten, beispielsweise als Drehbuchautor. 

Kästners Adresse in Hermsdorf

Nach dem Krieg ließ er sich mit seiner langjährigen Partnerin Luiselotte Enderle in München nieder, hatte dabei aber immer wieder Beziehungen mit anderen Frauen. Eine davon war die 27 Jahre jüngere Schauspielerin Friedhilde Siebert. Sie brachte am 15. Dezember 1957 den ersehnten Sohn zur Welt, der den Namen Thomas bekam. Obwohl Dauerfreundin Luiselotte von der Affäre mit Friedel wusste, erfuhr sie erst durch einen von ihr engagierten Privatdetektiv, dass Kästner einen „jetzt dreijährigen Buben“ hat. Das führte unweigerlich zu Ärger mit beiden Frauen, wobei Luiselotte auch handgreiflich gegen Kästner werden konnte. In einem Brief klagte er über die anstrengende Heimlichtuerei: „Das Leben auf dem Pulverfass ist ohnehin kompliziert genug“.

Friedel blieb einige Zeit mit dem Kind in der Schweiz, bevor sie nach Berlin zog. In der Villa am Waldsee in Hermsdorf in der Parkstraße 3a verbrachte Kästner immer wieder einige Wochen mit seinem Sohn und Friedel, ohne sich von Luiselotte zu trennen. Weil Friedel auf Dauer jedoch mit dieser Konstellation unzufrieden war, beendete sie schließlich die Beziehung und ging mit dem Sohn wieder in die Schweiz. Am 29. Juli 1974 verstarb der Schriftsteller und wurde in München-Bogenhausen beerdigt; neben ihm wurde auch seine Lebensgefährtin Luiselotte bestattet, die 1991 verschieden ist. Zwei Romane hat Kästner speziell für Thomas geschrieben: 1962 „Der kleine Mann“ und fünf Jahre später den Folgeband „Der kleine Mann und die kleine Miss“, das sein letztes Kinderbuch werden sollte.

Boris Dammer