Wittenau – Für viele Lehrkräfte, die auf Honorarbasis in den Musik- und Volkshochschulen unterrichten, ist die Zukunft seit einem Bundesgerichtsurteil unsicher: Sie schweben hinsichtlich ihrer Verträge im rechtsfreien Raum. Hintergrund ist das sogenannte Herrenberg-Urteil, des Bundessozialgerichts 2022. In diesem wurde festgestellt, dass als Honorarkräfte angestellte Lehrkräfte in der Regel einen Anspruch auf eine sozialversicherungspflichtige Festanstellung haben. Doch dafür fehlt in den Musik- und Volkshochschulen das Geld, Entlassungen bzw. die Nichtverlängerung von Honorarverträgen und damit Unterrichtswegfall standen zur Debatte. Ebenso die Festanstallung der Freiberufler.
„Die Musikschullehrkräfte und andere Lehrkräfte haben Anspruch auf eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung. Das Geld, das der Berliner Senat hier bisher eingespart hat, fehlt den Beschäftigten für ihre soziale Absicherung im Falle von Krankheit, Arbeitslosigkeit und Rente. Es ist politisch zynisch, wenn der Berliner Senat versucht, weiter auf Kosten der Beschäftigten zu sparen, und dies mit den vermeintlichen Interessen der Beschäftigten rechtfertigt. Kultursenator Joe Chialo hat versprochen, dass alle, die eine Festanstellung wollen, diese auch bekommen. Der Senat sollte an der Umsetzung dieser Zusage arbeiten, statt zu versuchen, den Anspruch der Beschäftigten auf soziale Absicherung anzugreifen“, erklärt ver.di Landesbezirksleiterin Berlin-Brandenburg Andrea Kühnemann.
Die RAZ befragte Bildungsstadtrat Harald Muschner, wie Reinickendorf mit dieser Situation umgeht.
Wie ist die aktuelle Situation?
Trotz großer Anstrengungen im Land Berlin und im gesamten Bundesgebiet ist eine schnelle Lösung bedauerlicherweise nicht zu erwarten.
Das Reinickendorfer Bezirksamt hat nun eine eigene Lösung gefunden?
Das Bezirksamt hat einen weiteren Beschluss gefasst, der für einen Zeitraum von diesmal sechs Monaten das Ausstellen von Honorarverträgen in Reinickendorf ermöglicht. Bisher betrug das Zeitfenster drei Monate.
Was passiert, wenn eine Betriebsprüfung durch die Deutsche Rentenversicherung ansteht?
Das Moratorium der Deutschen Rentenversicherung dauert an. Betriebsprüfungen, die den Status der Honorar-Lehrer feststellen sollen, werden bis Ende Januar ausgesetzt.
Wie geht das Land Berlin mit der rechtsfreien Situation um?
Aktuell hat der Senat von Berlin mit Beschluss vom 19. November 2024 eine Bundesratsinitiative zur Entschließung des Bundesrates zur Handlungs- und Rechtssicherheit für den Einsatz von selbständigen Lehrkräften, Lehrbeauftragten und Dozierenden in den Einrichtungen der Weiterbildung und des Kulturbetriebs sowie an Hochschulen eingebracht (Damit sollen die Honorarverträge der Musikschullehrkräfte nachträglich legalisiert werden. Anm. der Redaktion).
Wie kann eine Lösung zur Rechtssicherheit aussehen?
Es finden weiterhin Arbeitsgruppen auf vielen verschiedenen Ebenen statt, an der auch die Kultusministerkonferenz, das Bundesministerium für Arbeit und Soziales und die Deutsche Rentenversicherung und andere Akteure teilnehmen, um weiterhin an einer rechtssicheren Lösung zu arbeiten.
Danke für das Gespräch.
Interview: Karin B. Mademann