RAZ. Ein Begriff. Zwei Medien.

zwei menschen in einer bibliothek mit finnland-fahne und stofftier
Mit Plüschmumin und Saunakelle: Mikko Fritze und Marion Holtkamp vom Finnland-Institut . Foto: du

Im Katzenkörper durch die Raumzeit wirbeln 

Das Finnland-Institut und die Humboldt-Bibliothek haben langfristige Kultur-Kooperation gestartet

Tegel – Hier hatte die Leipziger Buchmesse schon im Vorfeld das Nachsehen: Die Deutschland-Premiere, des finnischen Bestsellers- „Forschungen einer Katze“ fand bereits einen Abend vor Messestart in der Humboldt-Bibliothek statt. Trotz BVG-Streik waren rund 70 finnophile Lesefans gekommen, um Autorin Katja Kettu live zu erleben. 

Im Team mit Übersetzerin Tanja Küddelsmann führte Kettu (anfangs auf finnisch!) das Publikum durch ihre Story, in der eine Schriftstellerin nach traumatischer Fehlgeburt die Fähigkeit zu schreiben verliert. Deswegen wird ihr ein Geistführer vom „Amt für himmlische Forschung“ zu Hilfe geschickt. Doch durch ein Missgeschick strandet dieser kosmische Coach im Körper einer Katze auf dem platten, ländlichen Finnland des frühen 20. Jahrhunderts. 

Die kätzliche Fehl-Verkörperung findet das Tagebuch einer Urgroßmutter Eva, springt durch Zeit und Raum und erzählt das Leben zweier Frauen – im Helsinki der Gegenwart sowie auf dem Land vor hundert Jahren. So verbindet die Story magischen Realismus mit scharfsinnigen Beobachtungen über Geschichte und Traditionen entlegener finnisch-russischer Grenzgebiete.  

Da Kettu ebenfalls als erfolgreiche Animations-Filmerin, tätig ist, drängt sich als erster Eindruck ein Mutations-Matsch wie im Science-Fiction Film „Die Fliege“ auf, aber Kettu bringt im Licht-Dunkel finnischer Langjahreszeiten weitaus mehr ins Spiel: Als da sind die finnisch-russische Historie sowie die Trauer um ein verlorenes Kind. 

Das wirft existenzielle Fragen ihrer Leser auf: War die Urgroßmutter Schamanin? Glaubt die Autorin an Zufälle?  Richtungsweisende Wendungen wie ein Pferd, dass sich ausgerechnet bei einer Flucht nach Russland ein Bein bricht, erinnern an Goethes Existenzfrage „Leben wir oder werden wir gelebt?“ Kosmische Fügungen, Irrlichternde Wirbel durch Raum und Zeit können vielfältigste Assoziationen wecken. Ist Kettus Werk dennoch lesbar? Ja, wenn man sich lesend etwas ins Werk hineinkniet. 

Kettus Premieren-Lesung steht nicht allein im Raum. Sie bildet der Auftakt einer Kooperation des Finnischen Kulturinstituts mit der HuBi. „Wir möchten den Reinickendorfern die Vielfalt unserer Kultur mit ihren Eigenarten nahe bringen“, betont Mikko Fritze als Leiter des Finnischen Kulturinstituts. Dafür stellte der Auftritt der finnischen Gastautorin einen großartigen Einstieg dar, wie auf dem anschließenden „Meet and Greet“ ausführlich erörtert wurde – inklusive Anpinnwand für Publikumswünsche.

Immerhin finden sich bereits jetzt 471 über Fachgebiete verstreute HuBi-Medien mit Hinweis auf Finnland. Darunter Assoziationen und Klischees aus dem „Land der tausend Seen“, wie Fin-Knäcke, Tangotanzen, „Letkajenkka-Letkiss oder die plüschbauchige Mumin-Familie. So versteht die HuBi diese Kooperation als fortlaufenden Prozess, was den Medienbestand sicherlich wachsen lässt.  Auf jeden Fall „eine wunderbare Gelegenheit, die finnische Literatur und Kultur in Reinickendorf erlebbar zu machen.“, freut sich nicht zuletzt Kulturstadtrat Harald Muschner.

Harald Dudel