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Ein Holzhütte mit zwei Menschen
Sozialarbeiter Martin Proschmann (r.) und Stadtrat Uwe Brockhausen vor einem der vier Tiny-Houses. Foto: as

Tiny House: Ein Tisch, ein Bett, ein Dach

Vier der grünen Miniholzhäuser sind in Reinickendorf für obdachlose Menschen aufgestellt worden

Bezirk – Der Mann möchte seinen Namen nicht sagen. Er will seine Familienangehörigen schützen, die ausgegrenzt werden könnten, wenn bekannt wird, dass er auf Hilfe angewiesen ist. Seit Mitte Mai wohnt der zurückhaltende, freundliche Mann in einem Gartenhaus. Gut drei Quadratmeter ist die Hütte groß. Es ist ein Dach über dem Kopf. Nicht mehr als nötig, damit das Bett trocken bleibt. Eine Notlösung. 

Aufgestellt hat das Häuschen der Bezirk. Tiny-House-Projekt für obdachlose Menschen nennt Reinickendorf das neue Angebot. Martin Proschmann, im Vorstand der Berliner Help Stiftung, kümmert sich um Haus und Bewohner. „Hier können jetzt Menschen direkt von der Straße aus rein.“ Unbürokratisch, ohne Amt, ohne Ausweis. Martin Proschmann, seit 23 Jahren Sozialarbeiter, kennt viele Obdachlose. Unter anderem, weil die Berliner Help Stiftung die kostenlose Essensausgabe am Franz-Neumann-Platz mitorganisiert. Er weiß: Einfach eine Hütte aufzustellen, das reicht nicht. Infrage kommt das neue Angebot für Wohnungslose, bei denen „der Wunsch nach Veränderung da ist“. Denn für die Bewohner der kleinen Holzhäuser gibt es auch Verpflichtungen. Wenn auch kleine – wie zum Beispiel die regelmäßigen Treffen mit dem Sozialarbeiter, ein bis zweimal in der Woche. 

Für Sozialstadtrat Uwe Brockhausen (SPD) ist diese Betreuung der entscheidende Punkt an den Tiny Häusern. Es gehe darum, den Bewohnern grundlegende Verhaltensweisen zu vermitteln. „Was für uns selbstverständlich ist, die eigenen Angelegenheiten zu klären“, dabei soll das Projekt unterstützen. Man könnte über das Projekt sagen: Ein Dach über dem Kopf ist die Erste Hilfe.

Für den Mann, der sich nicht in der Zeitung sehen will, ist das Holzhaus „sehr schön, besser als nix“. Seit einem Monat habe er keine Schlafmöglichkeit mehr gehabt, konnte nicht mehr bei Freunden schlafen. Deshalb habe ihm das Sozialamt das grün gestrichene, schattig gelegene Tiny House unter den hohen Bäumen vermittelt. Er hoffe, später über das Amt eine geförderte Unterkunft der Wohnungslosenhilfe zu bekommen. Eine Pension, wie er es formuliert.

Bedarf auch im Bezirk gestiegen

Für den Bezirk sind die vier Hütten eine von vielen Hilfen im komplexen System der Obdachlosenhilfe. Sie sind als temporäre Zwischenstationen gedacht, um Menschen wieder in geordnete Strukturen überführen zu können. Das Geld dafür ist zunächst für zwei Jahre gesichert. Wie hoch die Obdachlosigkeit in Reinickendorf ist, wisse niemand, sagt Sozialstadtrat Uwe Brockhausen. Aber: „Auch in Reinickendorf wächst der Bedarf.“

Andrei Schnell