Fährmann Robert Hansen legt sich in die Riemen des Ruderbootes. Über ihm strahlt der blaue Frühlingshimmel. Besser kann man nicht auf die Insel Scharfenberg mit der Inselschule im Tegeler See übersetzen. Am Ufer vor der Schule wartet Segellehrer Maurice Mohr. Er hat noch ein bisschen Zeit, bevor die Schüler und Schülerinnen seines Segelkurses kommen, um die Boote fit für die Sommersaison zu machen. Heute soll der Unterwasserschutz aufgetragen werden.
Der Werdegang von Mohr ist ebenso folgerichtig wie ungewöhnlich. In Hermsdorf aufgewachsen und dort auch zur Schule gegangen, studierte er zunächst Maschinenbau und Produktionstechnik im vergangenen Jahrzehnt an der Technischen Universität Berlin. Nebenbei war er schon zu dieser Zeit Honorarlehrkraft auf der Insel Scharfenberg und brachte Schülern und Schülerinnen das Segeln bei. Das ist seit Kindeszeiten seine große Leidenschaft. Als Jugendlicher reiste er für Regatten von Kiel bis zum Bodensee und stand auch so manches Mal auf dem Treppchen bei der Siegerehrung.
Fertig mit dem Studium arbeitete er zunächst als Ingenieur in einem Büro. In diesen 1,5 Jahren musste er den Segelunterricht ruhen lassen. Dann wollte er aber „wieder mehr raus, weg vom Schreibtisch“. Auf der Insel Scharfenberg hatten sie ihn nicht vergessen und machten ihm den Quereinstieg als Lehrer schmackhaft. Er absolvierte ein Referendariat, das er 2023 erfolgreich beendete. Jetzt kümmert er sich als verbeamteter Lehrer um den Segelsport in der Inselschule, die 450 Schüler und Schülerinnen hat. Etwa 50 davon leben im Internat auf der Insel.
Zusätzlich unterrichtet Mohr noch Physik und Mathematik. Seinen Beruf als Ingenieur vermisst er kein bisschen. Er blinzelt in die Frühlingssonne und freut sich auf den Segelunterricht auf dem Wasser mit „viel Zeit am Stück“. Anstatt eine Schulstunde hat er 130 Minuten Zeit für seinen „Profil- und Projektunterricht“. Das Angebot sei an der Schule „sehr beliebt und am meisten nachgefragt“. Vorkenntnisse seien nicht erforderlich, alles werde von der Pike auf gelernt. Auch das Arbeiten an den Booten.
Das findet Inka Schlewitz (14 Jahre) besonders interessant, da so „eine bessere Verbindung zum Boot aufgebaut“ werde. Die neun Schülerinnen und Schüler haben sich blaue Arbeitsjacken angezogen und legen an den Rümpfen der Randmeerjollen los. Leni Schütt (14 Jahre) meint, Segeln mache „mehr Spaß, aber auch Streichen sei okay“. Der Bereich des Rumpfes, der im Wasser ist, nennt man Unterwasserschiff. Er muss besonders geschützt werden. Farbe – natürlich nach den neuesten Umweltvorschriften hergestellt – steht bereit.

Segeln als Grundkurs
Wenn alles fertig ist, kommen die Boote ins Wasser. Die Schulfarm Insel Scharfenberg hat neben vielen Ruder- und Paddelbooten drei große Randmeerjollen, vier Piraten und einen Teeny. Noch liegt die Flotte aufgedockt an Land. Der Profil- und Projektunterricht ist für die 7. bis 10. Klassen vorgesehen. Bis zu 15 Segelhungrige werden pro Tag von Montag bis Donnerstag unterrichtet. Der Freitag ist der Oberstufe vorbehalten. Segeln kann dann als Grundkurs gewählt werden.
2017 wurde auf Scharfenberg auch der „Wassersportverein Insel Scharfenberg“ gegründet. Er steht vor allen Dingen Schülern über die Schulzeit hinaus, Lehrerkollegen und Eltern offen. Eine gründliche Ausbildung ist Voraussetzung, um auf dem Tegeler See ein Segelboot zu führen. Die Kenntnisse müssen mit einem „amtlichen Sportbootführerschein Binnen/Segeln“ nachgewiesen werden. Damit die Schülerinnen und Schüler von Segellehrer Mohr diese Bedingungen erfüllen, bietet er dieses Jahr zum zweiten Mal im Sommer die praktische und theoretische Segelschein-Prüfung an. Stolz berichtet er, dass im vergangenen Jahr alle sieben Prüflinge den Schein erhalten haben.
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