Bezirk – Früher habe Michael Zischka, AfD-Fraktionsvorsitzender in der Bezirksverordnetenversammlung (BVV), mit den Grünen gegen Atomkraft und Wiederaufbereitungsanlage demonstriert. Er habe in einem kommunistischen Kibbuz in Israel gelebt und sei im Ganzen „linkssozialisiert“ gewesen. Im neuen Podcast „RAZ aus’m Rathaus“ erzählt Zischka, wie es bei ihm zum Bruch mit den Grünen kam.
Er sei so gar nicht einverstanden gewesen mit der Befürwortung des Jugoslawienkrieges in den 1990er Jahren. Das hätte mit seinem Verständnis der Grünen als „Anti-Kriegspartei“ nicht zusammengepasst. Nach langen Überlegungen sei er dann 2018 der AfD als Mitglied beigetreten. Angesprochen auf das „Verwischen und Relativieren der Gräuel des Nationalsozialismus“ in der AfD verweist er auf seine Erfahrungen als junger Mann in Israel.
Er habe dort mit Menschen gesprochen, „die ihre ganze Familie im Holocaust verloren haben.“ Ihm sei das „Monströse“ dieser zwölf Jahre Nazi-Herrschaft nicht aus dem Sinn gegangen und er habe sich gefragt, wie es zu dieser „industriellen Vernichtung von Menschen“ kommen konnte? Konfrontiert mit Zitaten von prominenten AfD-Politikern, die zumindest Zweifel an einem Verständnis der tiefen Menschenverachtung und katastrophalen Außergewöhnlichkeit der Nazi-Zeit erlauben, streitet Zischka eine Nähe seiner Partei zum Nationalsozialismus ab. Er sagt aber auch, die AfD sei nicht „homogen“ und es gebe „unappetitliche Personen“.
Zu der ausführlichen Debatte in der Mai-Sitzung der BVV über die Einladung von zwei DITIB-Gemeinden zum muslimischen Fastenbrechen im Rathaus (die RAZ berichtete) sagt Zischka, er sehe eine „sich abzeichnende Bevorzugung fremder religiöser Bräuche“. Die Bezirksbürgermeisterin, Emine Demirbüken-Wegner (CDU), habe als Einladende „einen Fehler gemacht“.
Wie alle anderen Fraktionen der BVV lobt er allerdings ihre Integrationsbemühungen. Auf die Frage, ob er Vorbehalte gegen Demirbüken-Wegner habe, weil sie bekennende Muslima sei, antwortet er: „Überhaupt nicht.“
Die AfD stellt mit ihren fünf Mitgliedern die viertgrößte Fraktion in der BVV.
Unser Podcast „RAZ aus’m Rathaus“ hat alle Vorsitzenden der vier Fraktionen vorgestellt. (Alle Podcasts können können über www.raz-zeitung.de, auf Spotify, Apple und Amazon nachgehört werden).
In allen Folgen beantworten die Protagonisten auch immer Fragen zu ihrer Person und zu Reinickendorf. Michael Zischka sagte folgendes:
Abends Bier oder Wein?
Bier.
Welcher Kanzler war besser. Kohl oder Schröder?
Kohl.
Schnell mal um die Ecke: Mit dem Fahrrad oder zu Fuß?
Zu Fuß.
Was unterscheidet Reinickendorf vom Rest Berlins?
Wir haben es hier grün, wir haben Wasser, wir haben aber auch sehr viele unterschiedliche Menschen im Bezirk. Wir haben nicht nur Natur, sondern auch urbane Bereiche und wir haben eine starke historische Bindung der Reinickendorfer hier. Die Menschen sind sehr stolz darauf. Das sehe ich als Alleinstellungsmerkmal.
Was ist ihr Lieblingsplatz in Reinickendorf?
Das ist die Greenwich-promenade und die Sechserbrücke. Da kann man praktisch zu jeder Jahreszeit spazieren gehen.
Was hat sie im Bezirk zuletzt erfreut?
Ich spreche mal als Politiker: Der wachsende Zuspruch zur AfD. Das hat mich sehr erfreut.
Was hat sie geärgert?
Was mich ständig ärgert, ist dieser Müll. Das ist auch ein Thema für mich in der BVV.
Was muss unbedingt besser werden?
Es gibt eine Sache, die die mir als Familienvater besonders am Herzen liegt. Wir haben einen 16-jährigen Sohn. Es gibt zu wenig Angebote für Jugendliche.
Beschreiben sie Reinickendorf in drei Worten.
Vielfältig, grün und lebendig.
Danke für das Gespräch.
Interview: Bertram Schwarz