Wenn die Kleingartenkolonie Gartenfreunde reden könnte, hätte sie sicherlich viel zu erzählen. Beispielsweise über die Bezirksbürgermeisterin Emine Demirbüken-Wegner, die zur Feier anlässlich des 125-jährigen Bestehens der Kolonie gekommen ist, um zu gratulieren.
„Getreu dem Motto ‚Wo Blumen blühen, lächelt die Welt‘ haben Sie sich eine ganz eigene kleine, grüne Wohlfühloase in Reinickendorf geschaffen und dabei Freundschaften gesät, die bis heute wurzeln und blühen. Eine, wie ich finde, ganz wunderbare Ernte Ihres gärtnerischen Wirkens, zu der ich von Herzen gratuliere. Denn der wahre Wert eines Vereins besteht stets in den Menschen, die ihn mit Leben erfüllen. Egal, ob Alt-Berliner, Zugezogene oder solche mit Migrationshintergrund – im Garten zählt nur, was man gemeinsam schafft. Feste, Erntedank, Arbeitseinsätze, Flohmärkte und Tauschrunden bringen Menschen zusammen und bauen Brücken“, sagte die Bezirksbürgermeisterin in ihrem Grußwort.
Einige Laubenpieper haben bereits seit Jahrzehnten ihren Schrebergarten in der Kolonie an der Seidelstraße. Er ist wie ein zweites Wohnzimmer für sie – auch für Reiner Kolotzei (Foto), der zu den langjährigen Kleingärtnern gehört. Vor 45 Jahren hat der heute 72-Jährige seinen Garten übernommen, und seit zwölf Jahren ist er außerdem Vorstandsvorsitzender.
Er erzählt, dass die älteste Kleingartenkolonie Reinickendorfs früher aus weit über 1.000 Parzellen bestand. Doch der Autobahnbau sowie der U-Bahnbau der Linie U6 verkleinerte die Kolonie. Heute gibt es 342 Parzellen – einige davon noch sehr groß.
„Die Größe liegt in der Historie der Kolonie begründet“, erklärt Kolotzei. Wo sie sich heute befindet, habe es früher Brachland, Schutt und Güllegruben sowie Waldgebiete gegeben. Außerdem hätten einige Bauern hier Getreide angebaut, und vereinzelte Bürger begannen außerdem, Obst und Gemüse anzubauen. „Das war im Jahr 1900 – und der Anfang der Gartenfreunde. Sie hätten schon bald auch die ersten Lauben gebaut. „Es gab dann einige Einbrüche und erste Diebstähle, sodass einige Kleingärtner in ihren Lauben übernachtet haben, um das zu verhindern.“
Das Übernachten sei zu der Zeit noch verboten gewesen, doch nach dem Zweiten Weltkrieg und der aufkommenden Wohnungsknappheit sei der Bau von größeren Lauben sogar staatlich unterstützt worden.
Mischung vieler Kulturen
„Und so entstanden viele große Parzellen mit sehr großen Häusern“, erklärt Anna Kasprzak, die seit sechs Jahren ihre Parzelle hat und im zweiten Jahr Vorstand der Verwaltung ist.
Sie weiß: „Heute ist eine Maximalgröße von 24 Quadratmetern erlaubt, und ein Drittel der Parzelle muss mit Gemüse oder Obstpflanzen bewirtschaftet werden. Die großen Parzellen, die teilweise bis zu 900 Quadratmeter groß sind, werden nun bei Generationswechsel oder Aufgabe des Gartens geteilt, und Häuser müssen verkleinert werden.“

Anders als noch vor ein paar Jahrzehnten, haben heute Menschen unterschiedlichster Nationalitäten ihre Parzellen hier. „Neben Deutschen haben auch Türken, Ukrainer, Russen, Vietnamesen und Thailänder, Polen, Spanier und Italiener hier ihren Garten. Diese Mischung der ganz verschiedenen Kulturen ist einerseits bereichernd, andererseits kochen viele ihr eigenes Süppchen und bleiben unter sich.“
So sind auch einige nicht zum runden Jubiläum gekommen. „Doch sie haben wirklich etwas verpasst“, weiß Kolotzei. Ein Zauberer hat die Gäste in magische Stimmung gebracht, und auch ein Bauchredner sowie eine Bauchtänzerin war dabei.
Da es regnete, zog die Festgemeinschaft ins Gebäude des Club Bouliste. „Es war ein großartiges Fest, wir sind alle noch ganz gerührt“, sagt Anna Kasprzak.
Wie sich die Kolonie in den nächsten Jahren verändern wird, steht noch in den Sternen. Eins ist jedoch klar: Sie wird erhalten bleiben, kürzlich hat der Senat das wichtige Sicherungsgesetz der landeseigenen Kleingärten verabschiedet. Das bedeutet für insgesamt 56.280 Parzellen, dass sie erhalten werden müssen. Und sollten sie doch einmal entfernt werden müssen, gibt es die Verpflichtung zu einem ebenso großen Ersatz, der für eine ausgeglichene Flächenbilanz sorgen würde.
Also steht für die nächsten 125 Jahre erst einmal nichts im Wege …