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Eine Frau vor einem Haus
Erika Höpcke engagiert sich für eine schnelle Wiedereröffnung des SeniorenclubsFotos (2): ks

Adele muss pausieren und sich gedulden

Tegeler Senioreneinrichtung ist noch immer wegen Sturmschäden geschlossen

Tegel – Adele ist im Alter von 122 Jahren gut in Schuss, vor allem sehr aktiv. Adele, wie das 1903 vom Kunstschmied Ottomar Holdefleiß erbaute Haus in der Adelheidallee 5 liebevoll von seinen Nutzern genannt wird, kann auf annähernd fünf Jahrzehnte erfolgreiche Arbeit in der  Freizeitgestaltung für Senioren und Behinderte zurückblicken. Aktuell gibt es rund 550 Aktive, die sich in 56 Gruppen engagieren. Egal ob Tischtennis oder Gymnastik, Töpfern oder Computerkurs, Literatur- oder Theatergruppe – „Kraft schöpfen für den Alltag“ lautet das gemeinsame Motto.

Doch zurzeit muss Adele pausieren, alle Aktivitäten im Gebäude sind vorerst eingestellt. Die Einrichtung ist infolge der Sturmschäden seit dem 28. Juni geschlossen. Bekanntermaßen hat der heftige Sturm vom 26. Juni dieses Jahres den Norden Berlins, insbesondere auch Reinickendorf, besonders hart getroffen. Die Nutzung zahlreicher Grünanlagen, Spielplätze und Friedhöfe musste im Rahmen einer Allgemeinverfügung untersagt werden. Selbiges gilt für die Holdefleiß-Villa, die von einer parkähnlichen Anlage mit altem Baumbestand umrahmt wird. Es bestehe Lebensgefahr, stellen die Fachleute des Grünflächenamtes bei einer erneuten Begehung Anfang August fest.

„Wir sind zurzeit ausgebremst, müssen die Entscheidung aber akzeptieren“, meint Reiner Ruths. Man sei mit den Entscheidungsträgern des Bezirksamtes regelmäßig im Gespräch. „Wir hoffen, dass Haus schnellstmöglich wieder öffnen zu können“, so der Vorsitzende des Clubvorstandes im Gespräch. Es werde wohl aber noch eine Weile dauern, muss er eingestehen. In der Zwischenzeit wolle man die Angebote in andere Einrichtungen des Bezirks auslagern.

Ein altes Haus
Das idyllische Dornröschenschloss soll bald wieder wachgeküsst werden.

Mehr Initiative erhofft sich Erika Höpcke, die seit vielen Jahren im Club aktiv ist. Sie hat zusammen mit mehreren Mitgliedern einen Brief an Bezirksbürgermeisterin Emine Demirbüken-Wegner verfasst. Sie fürchtet eine längere Zwangspause. „Ich kann mich mit der Situation nicht zufrieden geben“, sagt sie. Die Angst vor Vereinsamung, wie sie bereits zu Corona-Zeiten allgegenwärtig war, sei riesengroß. Weite Wege in andere Freizeitstätten seien für ältere Menschen oft beschwerlich. Zudem könnte es dort Kapazitätsprobleme geben. Höpcke hat daher vorgeschlagen, trotz der Sperrung des Gartens den Haupteingang zugänglich zu machen. So könnten die Inneneinrichtungen genutzt werden, die Kurse stattfinden.

In ihrer Antwort bedauert die Bürgermeisterin die Schließung, Sicherheit stehe aber an oberster Stelle. Demirbüken-Wegner verweist auf die großen Anstrengungen des Bezirkes, insbesondere auf jene des Straßen- und Grünflächenamtes. „Vorrangig müssen Schulen, Schulwege und Spielplätze gesichert werden, um unsere Jüngsten bestmöglich zu schützen“, setzt sie Prioritäten. Die Erfolge sind zählbar. In einer Pressemitteilung vom 14. August wird die mittlerweile erfolgte Freigabe von 29 Schulstandorten und von elf Spielplätzen vermeldet. Inzwischen kommt auch die Bundeswehr zum Einsatz; möglicherweise ein neuer Hoffnungsschimmer. Vorerst bleibt für die Betroffenen, sich in Geduld zu üben.

Karsten Schmidt

Schon in jungen Jahren hat sich Karsten Schmidt journalistisch engagiert: für Schülerzeitungen und Studentenmagazine. Seit rund 30 Jahren ist er freiberuflich tätig – als bekennender Nordberliner von der ersten Stunde an beim RAZ Verlag dabei, außerdem als Berliner Korrespondent für mehrere Fachzeitschriften aus den Bereichen Mode, Wirtschaft und Gastronomie.