Tegel – „Unser letzter Arbeitstag ist der 19. Dezember, und am 22. Dezember erfolgt die Übergabe an die neuen Inhaber.“ Dagmar und Michael Grimm stehen in ihrem Geschäft, der Goldschmiede Denner, und sprechen über die bevorstehenden Veränderungen mit leisen Worten. „Es fällt uns nicht leicht, aber wir gehen in den verdienten „Unruhestand“, sagt Dagmar Grimm. Der Abschied von der Goldschmiede ist auch gleichzeitig der Abschied von Berlin. Das Tegeler Ehepaar kehrt ihrem Lebensmittelpunkt den Rücken und zieht in ihren Altersruhesitz in der Altmark.
„Wichtig war uns, für unsere Mitarbeiter und unsere langjährigen Kunden einen geeigneten Nachfolger zu finden, Vanessa Kusitzky von der Steinfurth Uhrenwerkstatt in Alt-Tegel wird den Betrieb, wie gewohnt als Goldschmiede- und Uhrenwerkstatt, weiterführen.“
Es war das Jahr 1902, als Georg Denner seine eigene Goldschmiedewerkstatt mit Juweliergeschäft in Erfurt eröffnete. Seine beiden Söhne Artur und Gustav erlernten ebenfalls das Goldschmiedehandwerk. Der Zweite Weltkrieg kam, und das Geschäft in Erfurt wurde zerstört. Doch die Denners ließen sich nicht unterkriegen, trotz Mangel an Strom und Gas sowie Werkzeugen und Arbeitsmaterial ging es langsam aufwärts. 1946 kehrte Gustav Denner aus der Gefangenschaft zurück, legte 1948 die Meisterprüfung im Goldschmiedehandwerk ab und bildete neun Lehrlinge aus, darunter auch seine Kinder Gerald und Gudrun. Der Liebe wegen zog es Gerald nach Berlin – er eröffnete sein eigenes Geschäft, übernahm 1981 das Schmuckfachgeschäft Kasper in der Brunowstraße 51 in Tegel. Es wird bis heute von seiner Tochter Dagmar und Schwiegersohn Michael Grimm betrieben. Tochter Andrea ist ebenfalls Goldschmiedemeisterin und Restauratorin, arbeitet jedoch im Berliner Technikmuseum.
Der Bezirk verliert mit den Grimms zwei Menschen, die sich Jahrzehnte im Fuchsbezirk engagiert haben. Michael Grimm war langjähriger Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft Tegel-City, einem Verband von damals über 100 Inhabergeführten Geschäften. Legendär waren die Bälle in den Tegeler Seeterassen mit Stars wie Michael Schanze, Max Greger jr., Wolfgang Völz und Harald Juhnke. In der von ihm gegründeten Arbeitsgemeinschaft „Kunst und Kultur in Tegel“ wurden eine Reihe kultureller Höhepunkte ermöglicht, Sommerfeste in Tegel und im Heimatmuseum, der Tegeler Musiksommer, Veranstaltungen in der Herz-Jesu-Kirche und das erfolgreiche Sechserbrückenfest. Die monatliche Ausgabe der Kultur-Zeitung für Tegel „Blickpunkt-Tegel“ und „Tegelportal“ waren ihm ein besonderes Anliegen. Die Ausstellung zum Tegeler Jubiläum „700 Jahre Tegel“, die in den Borsig Hallen gezeigt wurde, sowie die Ausstellung zu dem Kunstwerk vor dem Borsig Tor von Achim Kühn haben viele Besucher die Ortsgeschichte Tegels erlebbar gemacht.
Das „Geschichtsforum-Tegel“, ein Netzwerk Tegeler Ortschronisten, publizierte unter anderem zu Anlässen wie „60 Jahre U-Bahn-Tegel“, zur Aufgabe des Flughafen Tegels, zu der Geschichte der „Stern und Kreisschifffahrt“. Beliebt, als Geschenk, jetzt zur Weihnachtszeit war die Herausgabe des Tegel-Kalenders, sowie die „Tegeler Geschichten“, die in zwei Bänden erschienen und in Restbeständen noch in der Tegeler Bücherstube erhältlich sind.
Auch für Obdachlose engagierte sich das Ehepaar: So rief es im Jahr 2011 mit dem Tegeler Ludger Rosenau eine Weihnachtsaktion für Obdachlose der Bahnhofsmission am Zoo ins Leben. „Unzählige Geschenkpakete kamen jedes Jahr zusammen, leider wurde dieses Engagement, das ja von unseren Kunden getragen wurde, durch die Corona Jahre jäh beendet“, sagt Michael Grimm. „Wir freuen uns, dass das Unternehmen von Frau Vanessa Kusitzky am gewohnten Standort mit unseren langjährigen Mitarbeitern fortgeführt wird und wünschen weiterhin viele zufriedene Kunden, bei denen dürfen wir uns für die langjährige Treue recht herzlich bedanken.“




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