Bezirk – Das Bezirksamt Reinickendorf geht neue Wege: Ab sofort sind die Mitarbeiter im Außendienst des Ordnungsamtes mit Schutzhelmen ausgerüstet. Die Behörde beschreitet damit einen neuen Pfad bei der Ausstattung ihrer Beschäftigten, denn das Reinickendorfer Ordnungsamt ist das erste in Deutschland, das nun diese Schutzhelme für seine Mitarbeiter bereitstellt.
Sie sind blau, gut gepolstert, haben Nackenschutz und Visier, sind stoßgedämpft, können mit Funk ausgestattet werden, kosten 800 Euro und wiegen – je nach Größe – 1.500 bis 1.900 Gramm: 20 Einsatzhelme der Firma Schuberth, Modell P100N A, stehen den Mitarbeitern nun bei Einsätzen zur Verfügung.
Doch warum hat gerade Reinickendorf die Vorreiterrolle übernommen? Ist es hier, im sonst so beschaulichen Nordberliner Bezirk, so gefährlich geworden?
Julia Schrod-Thiel, Bezirksstadträtin für die Abteilung Ordnung, Umwelt und Verkehr, erklärte auf einer Pressekonferenz im Dezember: „Die deutlich gestiegene Anzahl an Gewaltvorfällen gegenüber dem Außendienst spricht eine deutliche Sprache.“ Nach Angaben des Bezirksamtes habe es 2022 etwa 720 Übergriffe auf die 45 Dienstkräfte im Außendienst und die 15 Verkehrsüberwachungskräfte gegeben. Vor allem Einsätze am Flughafensee im Sommer seien gefährlich, denn dann würden auch schon mal Flaschen und andere Gegenstände auf Einsatzkräfte geworfen. Ronald Mikkeleitis, Leiter des Außendienstes, fügt hinzu: „Meine Mitarbeiter gehen auch in illegale Bordelle, Shishabars oder illegale Spielhallen – und dort ist das Gewaltpotential sehr hoch.“ Zudem seien die Mitarbeiter vermehrt in extremen Wetterlagen wie Stürmen im Einsatz. Der Helm schütze sie auch vor herabfallenden Ästen oder umherfliegenden Gegenständen.
90 Mitarbeiter sind im Ordnungsamt tätig, davon 45 im Außendienst. Und diese sollen sicher durch ihren Arbeitstag gehen. Seit Beginn der Corona-Pandemie habe sich die Situation für den Außendienst unseres Ordnungsamtes drastisch verändert. Neben der Bewältigung von pandemiebedingten Aufgaben erfolgen verstärkt Verbundeinsätze mit anderen Sicherheits- und Ordnungsbehörden, die eine enge Koordination und ein Höchstmaß an Sicherheit erfordern. „Diese Einsätze sind oft mit einer erhöhten Gefahrensituation für unsere Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen verbunden“, sagt Schrod-Thiel. „Die Gewalt hört nicht an der Schulter auf, das wissen wir alle“, erklärt die 42-jährige Stadträtin. „Wir müssen hier ein Leuchtturm, Vorreiter sein, um die Sicherheit und Einsatzbereitschaft unserer Dienstkräfte zu gewährleisten.
Die Ausstattung der Ordnungsamts-Außendienstmitarbeiter ist auch ohne Helm schon umfassend: Ein Chiplesegerät für Hunde, Nachtsichtgerät, ein Gerät zum Schreiben von Strafzetteln, ein Funkgerät, ein Alarmpieper, Schutzweste Pfefferspray, Taschenlampe, Einsatz-Handschuhe und Schlagstock. Sogar ein Kohlendioxidmessgerät gehört dazu – wichtig beispielsweise für die Kontrolle in einer Schischa-Bar, in der teils gesundheitsgefährdende Werte gemessen werden, wie Ordnungsamtsleiter Heino Berg weiß: „Häufig führt das dazu, dass wir die Feuerwehr rufen müssen, da die Werte wirklich exorbitant hoch sind“, sagt er. Doch noch ist kein Ende bei der Erweiterung der Schutzausrüstung in Sicht: „Bodycams werden der nächste Schritt sein“, sagt Julia Schrod-Thiel abschließend.