RAZ. Ein Begriff. Zwei Medien.

Die Front eines Gebäudes
Die DITIB-Moschee in Tegel. Foto: bw

Bezirksbürgermeisterin unter FDP-Feuer

Verordneter David Jahn löst in der jüngsten BVV-Sitzung eine Debatte um DITIB aus

Bezirk – Der FDP-Verordnete David Jahn greift die Bezirksbürgermeisterin Emine Demirbüken-Wegner (CDU) in der Mai-Sitzung der Bezirksverordnetenversammlung (BVV) frontal an. Sie solle sich „nicht im Glanze interreligiöser Konferenzen sonnen, während es im Bezirk klemmt“. Auslöser dieser Kritik ist die Einladung von zwei DITIB-Gemeinden in Reinickendorf zum Fastenbrechen im Rathaus Ende März (die RAZ berichtete). 

Jahn holt die ganz große Keule raus und fragt: „Frau Bezirksbürgermeisterin, was bleibt von ihrer Amtszeit?“ Und fügt hinzu, dass Demirbüken-Wegner im nächsten Jahr aus Altersgründen ausscheiden möchte. Er setzt nach: „Hoffentlich nicht nur schöne Fototermine.“ Mit unbeweglicher Miene schaut die Bezirksbürgermeisterin auf die Tischplatte vor sich. Jahn wirbt für seinen Entschließungsantrag, dass alle vom Rathaus zu „zukünftigen interreligiösen Veranstaltungen“ Eingeladenen „sich nachweislich zur freiheitlich-demokratischen Grundordnung bekennen“. 

Das sei bei DITIB, dem Dachverband von türkisch-islamischen Gemeinden in Deutschland, nicht der Fall. Sie sei ein politisches Instrument, das letztlich direkt dem türkischen Präsidenten Recep Erdoğan unterstellt sei. In der folgenden Debatte ist die Rede von den DITIB-Gemeinden in Ost-Reinickendorf und in Tegel. Demirbüken-Wegner weist darauf hin, dass die eingeladenen Gemeinden von der Polizei überprüft worden seien. Beanstandungen habe es nicht gegeben.  

Insgesamt hat die Bezirksbürgermeisterin in der jüngsten Sitzung der Bezirksverordneten neun Fragen der FDP-Gruppe zu beantworten. In nüchternen Worten stellt sie das Einladungsprozedere für die Veranstaltung im Rathaus vor und betont das gemeinschaftliche Erlebnis. Frage 7 übergeht sie zunächst. Sie lautet: „Ist die Bezirksbürgermeisterin Mitglied der DITIB-Moschee in Reinickendorf oder einer anderen DITIB-Gemeinde?“ Erst ganz zum Schluss gibt die bekennende Muslima die Antwort: „Nein.“ Die Frage löst im Plenum Empörung aus.

Verordnete der CDU, SPD, Grünen und Linken stehen bei aller Kritik an der politischen Ausrichtung des DITIB-Dachverbandes Demirbüken-Wegner für ihre Integrationsbemühungen in Reinickendorf bei. Besonders deutlich wird der Grünen-Verordnete Bogusz Schmidt. Er sagt zu der Frage nach der eventuellen Zugehörigkeit von Demirbüken-Wegner zu einer DITIB Gemeinde: „So etwas geht uns absolut nichts an“. Er fordert vehement dazu auf „private Grenzen zu akzeptieren, gerade wenn es um Religion geht.“ Die Redner und Rednerinnen würdigen das Bemühen der Bezirksbürgermeisterin, alle Religionen im Bezirk in Veranstaltungen wahrzunehmen. 

Einzig Michael Zischka, AFD-Fraktionsvorsitzender, bricht aus und spricht von einer „Bevorzugung fremder religiöser Bräuche“ in Reinickendorf. Er fragt, warum nicht auch zum Fastenbrechen der Christen vom Rathaus eingeladen werde. In seiner Entgegnung wirft ihm Schmidt (Grüne) vor, der sich als praktizierender Katholik zu erkennen gibt, dass Zischka „keine Ahnung vom Christentum“ habe. Die Fastenbräuche von Muslimen und Christen seien völlig unterschiedlich. 

Zum Abschluss der mit einiger Härte geführten Diskussion gibt es dann doch noch eine einstimmige Entscheidung. Alle sind mit dem Vorschlag von Lorenz Weser (CDU) einverstanden, das Thema in den zuständigen Ausschuss für eine weitere Beratung zu überweisen. Neben vielen weiteren Tagesordnungspunkten der viereinhalbstündigen Sitzung kommt zur Erheiterung aller auch wieder die Unantastbarkeit der Mikrophone zur Sprache. Die BVV-Vorsteherin Kerstin Köppen (CDU) mahnt, diese in Ruhe zu lassen, da sonst die Tonübertragung gefährdet sei. Ihr Büro hat extra ein Warnschild mit zwei dicken roten Blitzen am Rednerpult angebracht: „Bitte nicht berühren.“

Bertram Schwarz

Meine erste journalistische Station war die Schülerzeitung meiner Schule, später war ich für verschiedene Zeitungen und Rundfunkanstalten als freier Mitarbeiter tätig, nach dem Studium als politischer Redakteur beim NDR und später als Geschäftsführer verschiedener Medienfirmen. Seit 2019 arbeite ich als freier Autor für die RAZ.