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Centre Talma: Viel mehr als nur Tanzen

Das Mädchen- und Jungensportzentrum feiert am 14. September 30-jähriges Bestehen

Es geht im Mädchen- und Jungensportzentrum Centre Talma um viel mehr als nur ums Tanzen. Das wissen all diejenigen, die einmal hier waren – und immer wiederkamen. Und später brachten sie ihre Kinder hierher, die nun ebenfalls tanzen. Jetzt feiert die Einrichtung für Kinder und Jugendliche ihr 30-jähriges Bestehen, und zwar am 14. September mit einer großen Veranstaltung im Fontane-Haus.  

Bettina Lutze-Luis Fernández kann sich gut erinnern, wie alles begonnen hat. Schließlich war sie die Erste hier im Haus, als es nach dem Abzug der Alliierten seine neue Bestimmung erhalten hat. Es stand ein Jahr leer, bevor es mit einer ersten Tanzgruppe mit neuem, quirligem Leben gefüllt wurde. „Es war eine aufregende Zeit“, erinnert sie sich. „Ich war Angestellte der Sportjugend Berlin und hatte zuvor meine erste Tanzgruppe „Mind The Gap“ im Märkischen Viertel unterrichtet. Im August 1994 empfing ich sie dann am neuen Trainingsort – dem Centre Talma.“ Da habe das Haus allerdings noch unter bezirklicher Leitung gestanden. „Das änderte sich 2003, und die Leitung wurde mir übertragen“, sagt sie. 

All das ist nun 30 Jahre her. Heute wird im Mädchen- und Jungensportzentrum der GSJ – Gesellschaft für Sport und Jugendsozialarbeit gGmbH – gemeinsam mit der Kiezküchen gGmbH und den Füchsen Berlin Reinickendorf in einer Trägergemeinschaft an fünf Tagen pro Woche für rund 500 Kindern und Jugendlichen ein vielfältiges Freizeitangebot geboten. Dazu gehören verschiedene Tanzkurse, Squash, Selbstverteidigung und Fitness sowie die Nutzung des eigenen Kinos. 

Und wer mag, kann sich im Kinder- und Jugendrestaurant Talmarant ein Drei-Gänge-Menü schmecken lassen. Auch Reisen werden regelmäßig veranstaltet – in diesem Sommer ein Segelturn in Polen.  Engagiert, enthusiastisch, unendlich motiviert und immer in Bewegung – so kennt man „Betti“. Wer einmal bei ihr getanzt oder an einem ihrer Projekte teilgenommen hat, wird verändert wieder daraus hervorgegangen sein. Denn Betti vermittelt das, was vielen fehlt, um ihren eigenen Weg zu gehen. Sie ist wohl „die Lehrerin“, die sich jeder Mensch wünscht – denn sie vermittelt nicht nur die Tanzschritte, sondern sie bereitet die „kleinen Menschen“, wie sie sie ganz liebevoll nennt, in ganz fantastischer Art und Weise auf ihr Leben vor.

„Showtime“ im Fontane-Haus

„Alle Menschen sind hier willkommen, ganz egal wer sie sind und woher sie kommen. So kommen hier verschiedenste Menschen zusammen, die sich womöglich sonst nie begegnet wären“, sagt Betti. „Und es ist schön zu erleben, dass wir die Jugendlichen immer noch erreichen in dieser großen Anzahl und sie uns über Jahre und teils Jahrzehnte treu geblieben sind. Sie stellen wunderbare Dinge auf die Beine, die sie nie vergessen werden.“

„Wir sind aber auch diejenigen, die den Finger in die Wunde legen und Themen verarbeiten, wo Berührungsängste bestehen – beispielsweise zum Thema Prostitution und Menschenhandel“, sagt die Centre-Leiterin. „Aber das macht uns aus. Und wer die Stücke sieht – wie das Stück über den Ehrenmord an Hatun Sürücü – ist stark bewegt. Unsere Tanzstücke bleiben in Erinnerung, lassen niemanden kalt und verändern und bewegen etwas im Kleinen und auch im Großen.“

Mit verschiedenen Projekten ist Bettina Lutze-Luis Fernández mit ihrem Team auch über die Grenzen Reinickendorfs und Berlins hinaus bekannt: Das Projekt „Respect Girls“ ist aus erlebter Praxis entstanden. „Es gibt vielfach eine diskriminierende, diffamierende Haltung gegenüber Mädchen und Frauen, doch ihnen fehlt die Lobby, die Kraft, dagegen anzugehen“, sagt sie. „Wir positionieren uns öffentlich dagegen – auch im Tanz. Das ist viel besser, als es wegzulächeln und die Straßenseite zu wechseln.“ 

Auch die Teilnahme des Centre Talma an der weltweiten Aktion „One Billion Rising“ gegen die Unterdrückung von und gegen Gewalt an Frauen und Mädchen mit mehr als 5.000 Teilnehmerinnen und Teilnehmern am Brandenburger Tor findet europaweit Beachtung. Das Centre Talma stellt alljährlich als Veranstalter der Tanzdemo ein großes Programm auf die Beine. 

Am 14. Februar 2025 werden sie One Billion Rising in Berlin zum nunmehr 13. Mal veranstalten. Das 30-jährige Bestehen wird am 14. September mit der Show „Showtime“ im Fontane-Haus am Wilhelmsruher Damm 142 c gefeiert. „Ein großer Dank an Stadtrat Alexander Ewers, dass wir dort unsere Show präsentieren können“, sagt die Leiterin. Auch bei Showtime werden die Lebenswelten der Kinder und Jugendlichen auf die Bühne gebracht – in Form choreographierter Stücke, die mit ihrem Innersten zu tun haben. Für Showtime ist es das große Umwelt-Thema „Es gibt keinen Planet B“. 

Tickets sind nur schwer zu bekommen. Gerne können sich jedoch Ehemalige per Mail an centre-talma@gsj-berlin.de wenden, wenn sie dabei sein oder bei der Organisation helfen möchten.

www.centre-talma.de

Christiane Flechtner

Christiane Flechtner ist seit mehr als 30 Jahren als Journalistin und Fotografin in Reinickendorf und auf der ganzen Welt unterwegs. Nach 20 Jahren bei der Lokalzeitung Nord-Berliner ist sie seit der ersten Ausgabe mit im Team der Reinickendorfer Allgemeinen Zeitung und anderer Verlagsmedien. Sie arbeitet außerdem als freie Journalistin und Fotografin bei „Welt“, Berliner Zeitung und anderen Zeitungen in Deutschland, Österreich und Luxemburg sowie für u. a. Reise-, Wander- und Tiermagazine.