RAZ. Ein Begriff. Zwei Medien.

Isabelle Fuchs, Sabine Aymard und Emmanuelle Pflieger (v. l.) setzen sich für den Weiterbestand der Schulbibliothek ein. Fotos (2): bs

Der Buchstabenmaus droht das Aus

Märkisches Viertel – Die Märkische Grundschule am Dannenwalder Weg 163 hat ein Problem. Der seit 15 Jahren bestehenden Schulbibliothek der Staatlichen Europaschule mit deutsch-französischer Sprachausrichtung könnte schon bald die Schließung drohen, falls nicht kurz- oder mittelfristig Ehrenamtliche zum Weiterbetrieb gefunden werden. Bis zum Jahr 2025 hören die bis dato Aktiven nach und nach aus vorwiegend privaten Gründen auf. Nichtsdestotrotz haben sie ein großes Interesse an einer personellen und finanziellen Regelung für den Weiterbestand.

„Die Schulbibliothek kommt bei den Kindern sehr gut an“, weiß Isabelle Fuchs, eine der im Augenblick ehrenamtlich Tätigen zu berichten. „Selbst im Zeitalter von Internet und Handys wollen viele noch lesen“, ergänzt ihre Kollegin Sabine Aymard. Jeder freue sich, wenn er in den Raum darf. Die Schülerinnen und Schüler kämen in den Pausen oder in den Freizeitstunden. Es ist eine Art Rückzugsort während der Öffnungszeiten von 8.00 bis 16.00 Uhr. Insgesamt 9.230 Medien, darunter viele Comics und Sachbücher, stehen zur Verfügung. Selbst Romane und Belletristik besitzen ihre Berechtigung. Ganz oben auf der Hitliste stehen Klassiker wie „Emil und die Detektive“ von Erich Kästner, „Ronja Räubertochter“ von Astrid Lindgren oder „Die Buchstabenmaus“ von Eveline Hasler. Es gebe Kinder, die an die 100 Bücher im Jahr lesen, heißt es. „Kinder, die Bücher lesen, haben einen anderen und größeren Wortschatz“, sieht Isabell Fuchs einen wichtigen Aspekt der Lektüre.

Gerade im Wissen darum, dass die Zahl Derer im Kindesalter, denen das Lesen große Probleme bereitet, von Jahr zu Jahr steigt, müsse umso mehr um den Erhalt der Schulbibliothek gekämpft werden. „Wir befinden uns hier in einem Brennpunktviertel“, muss Emmanuelle Pflieger, ebenfalls freischaffend und unentgeltlich in der Bücherei einmal pro Woche vor Ort, sozialanalytisch eingestehen. Rund 30 Staatsangehörigkeiten seien unter den 480 Schülern in 22 Klassen vertreten.

Die Vorgaben seitens des Berliner Schulgesetzes sind eigentlich nicht schlecht. Zum Ende der letzten Legislaturperiode beschloss das Berliner Abgeordnetenhaus eine Änderung des Schulgesetzes, die eine Absicherung und Finanzierung der Berliner Schulbibliotheken vorsieht. Zurzeit gibt es derartige Einrichtungen an etwa 60 Prozent der Berliner Schulen. Gesagt, beschlossen, aber noch nicht getan. Denn die finanziellen Mittel für Personal oder Sachbeschaffungen sind weitestgehend nicht existent. So bleibt auch der Schulbücherei an der Märkischen Grundschule nur ein kleiner, zudem zuletzt noch um zwei Drittel gekürzter Etat von 2.280 Euro sowie zusätzliche 750 gespendete Euro der Bürgerstiftung Berlin und der Werner Schröder Stiftung.

„Unser Ziel ist es, jemanden zu finden, der die Organisation übernimmt“, hofft Isabelle Fuchs. Dies könne etwa über einen Minijob-Engagement funktionieren. Zudem werden für den Weiterbetrieb ehrenamtlich Mitwirkende gesucht. Ein entsprechendes Hilfegesuch an den Berliner Senat ist noch ohne Antwort. Immerhin hat der Reinickendorfer Stadtrat für Bildung, Sport, Kultur und Facility Management, Harald Muschner, kurzfristig reagiert und das bezirkliche Ehrenamtsbüro in der Angelegenheit kontaktiert. In punkto Personalsituation sieht er allerdings die zuständige Berliner Senatsverwaltung und bei Sachausgaben die Schulleitung in der Pflicht. Freiwillige, die beim Betrieb der Schulbibliothek mitwirken wollen, sei es nur für einige Stunden in der Woche, können sich vertrauensvoll per Email an bibliothek.sesb@googlemail.com melden.ks

Viele Bücher gibt es in deutscher und französischer Sprache

Inka Thaysen

Ursprünglich beim Radio journalistisch ausgebildet, bin ich seit Ende 2018 für den RAZ Verlag tätig: mit redaktionellen sowie projektkoordinativen Aufgaben für print, online, Social Media und den PR-Bereich.