Es begann in der Schulstraße mit der Vogelweide – und nun geht es weiter. Die Rede ist von Restaurantschließungen im Ortsteil Tegel, die bei vielen Tegelern Erstaunen, Entsetzen und auch Trauer auslöst. Schließlich hat man in dem einen oder anderen Restaurant unvergessliche Momente verbracht, möglicherweise sogar seine Geburtstagsfeier dort veranstaltet oder gute Freunde zum Essen eingeladen.
Doch an mangelndem Zuspruch lag es wohl nicht. Die Restaurants waren gut besucht und beliebt. So kommen die Hiobsbotschaften auch für viele Stammgäste sehr plötzlich und unerwartet. In den vergangenen Jahren aber hatten es viele schwer: Nach dem Corona-Lockdown kam die Inflation und nun die Mehrwertsteuererhöhung: Die Gastronomie hangelt sich von einer Krise zur nächsten. Ein weiteres Problem: der permanente Personalmangel. Damit haben auch die Reinickendorfer Gastronomen zu kämpfen.
So zum Beispiel das Hax’nhaus in Alt-Tegel: 27 Jahre hat Mirko Perleberg unter anderem Schweins-, Schinken- und Lammhaxe, Eisbein, Sülze und Rindergulasch serviert. Die besondere Einrichtung brachte ein besonderes, bayrisch anmutendes Flair nach Tegel.
Er hat das Restaurant komplett aus- und umgebaut. „Letztlich standen nur noch die drei Grundpfeiler – alles andere haben wir neu gemacht“, erinnert er sich an die Anfänge. Sogar den Bauherrenpreis gab es dafür – schließlich steht das aus der Zeit der Jahrhundertwende entstandene Gebäude unter Denkmalschutz. Gemütlich war’s mit Kuckucksuhr und geschnitzten Möbeln, großen Bierkrügen und netter Gesellschaft. Doch Perleberg schließt. „Das liegt nicht etwa an den Gästen, aber alles wurde in den letzten Jahren immer schwieriger“, sagt er. Durch die Lkw-Maut seien die Zulieferer teurer geworden, außerdem seien bei der Deutschen Küche die Waren-
einsätze recht hoch.
„Doch die hohen Preise kann ich nicht meinen Kunden rüberhalsen – das geht nicht“, sagt der gelernte Gastronom. Vor allem das Personal bereitet ihm Sorgen: Es gibt extremen Personalmangel, und wenn ich Personal finde, dann meist ungelerntes. Das ist ein No Go.“ Und so macht der 63-Jährige Schluss. „Ich will auch mal vernünftig in den Urlaub fahren – und das kann ich nun bald tun“, sagt er.
Im Gespräch mit möglichen Interessenten ist er bereits. Und möglicherweise öffnet ein Restaurant mit ähnlicher Küche dann hier in den alten Räumen.
Ende Dezember schloss bereits das Französische Restaurant Vogelweide in der Schulstraße seine Türen – nach 44 Jahren (wir berichteten). Und bis Ende Februar war jegliches Inventar – von Büchern über Bilder bis zu Karaffen und Geschirr – komplett ausgeräumt. „Mit 75 Jahren ist es genug“, sagt Inhaber Dieter Schmid, der das Restaurant mehr als vier Jahrzehnte gemeinsam mit seiner Frau Ditta führte. Ein Nachfolger war zwar gefunden, der das Restaurant auch in französischem Stil weiterführen wollte, aber „der Vermieter möchte hier keine Gastronomie mehr haben“, erklärte Schmid.
Nur wenige hundert Meter weiter bleibt seit dem 19. März die Küche kalt: Das beliebte indisch-singapurische Restaurant Aarju am Medebacher Weg/Ecke Schulstraße serviert nach 18 Jahren kein Naanbrot, Palak Paneer oder Tandori Chicken mehr. Der Anfang in Tegel war schwer – die Kritik für die großen Buddha-Figuren in einer Straße, in der sich eine christliche Kirche befindet, war groß. Doch die Figuren blieben, und das Restaurant hatte viele Stammgäste. „Nach reiflichen Überlegungen und schweren Herzens muss ich leider mitteilen, dass das Restaurant Aarju nun nach 18 erfolgreichen Jahren zum 18.3.2024 schließen wird“, heißt es auf einem Zettel an der Tür.
Und wieder nur wenige hundert Meter weiter steht die nächste Schließung bevor: Auch im Fisherman’s am Eisenhammer Weg bleibt nach 18 Jahren künftig die Küche kalt: „Inmitten der turbulenten Strömungen von Politik und Wirtschaft haben wir uns entschieden, diesen kulinarischen Hafen zu verlassen“, schreibt Inhaber Sören Engelmann.
Es bleiben bei allen Restaurants schöne Erinnerungen an eine tolle Zeit, gutes Essen – und eine Lücke, die schwer zu schließen ist …