RAZ. Ein Begriff. Zwei Medien.

Eine Bühnensituation: Vor einem lilafarbenen Hintergrund steht eine Frau mit Mikrofon in der Hand, ihr gegenüber ein ihr zugewandter Mann.
Lina Lärche und Gerd Normann. Foto: fle

Eine neue Bühne für Comedy, Tanz und Musik

Lina Lärche und Gerd Normann eröffnen das „Showfenster Theater & Café“

Die hohe Rückenlehne lehnt sich an einen dunklen Sitz, verschnörkeltes Holz kuschelt mit dem weichen Sitzpolster, und das Wiener Geflecht der Sitzmöbel bildet kleine kunstvolle Schatten im Raum: So individuell die 65 Stühle, so einzigartig ist das kleine Theater, das am 31. Januar in der Letteallee 94 mit einer ersten Show vor begeistertem Publikum eröffnet wurde.

Premiere mit Musikcomedy und Überraschungsgästen

Schrill und bunt ist die erste Show des Künstlerpaars Lina Lärche und Gerd Normann, die begeistert sind von ihrem Publikum. „Es sind sogar Überraschungsgäste aus Hannover und aus dem Sauerland gekommen“, freut sich Lina Lärche. Die 52-Jährige startet dann auch gleich – mit pinkem Feder-Kopfschmuck und in schwarzem durchsichtigen Korsagen-Kleid mit Musikcomedy. Schnell bringt sie das Publikum zum Lachen. „Soll ich mal was machen lassen?“ fragt sie singend in den Raum und spielt mit den Worten „Hyaluron“ und „Silikon“. Doch sie weiß anders als Zarah Leander: „Ich weiß, es wird kein neues Wunder geschehen“ – schließlich sei man nicht mehr 20. Und die Menge applaudiert.

Die Drückerkolonne begeisterte das Publikum so sehr, dass einige Gäste aufsprangen und tanzten. Bild: fle

Das Künstlerpaar strahlt an diesem Abend. Eineinhalb Jahre war es auf der Suche nach einem bezahlbaren Raum für ihr kleines Theater – und wurde mitten in Reinickendorf an der Letteallee fündig. Zuvor befand sich hier eine Altberliner Eckkneipe – das Lette-Eck. Doch das Künstlerpaar baute sie in ein kleines Theater um. „Es war das urige Gefühl, das sich sofort einstellte, als wir die Räume betraten“, erinnert sich Normann. Die historischen Bilder an den Wänden, dunkle Wandvertäfelung und die hölzerne Theke verliehen den Räumlichkeiten den besonderen Charme.

Vom Schaufenster zur eigenen Bühne

Doch der Weg bis dahin war ein langer: Begonnen hat alles während der Corona-Pandemie-Zeit. „Aus der Not heraus habe ich Künstlerinnen und Künstler im Schaufenster eines Optiker-Geschäfts auftreten lassen“, erinnert sich Normann, gelernter Optiker, an die Anfänge. Das sei mit den ganzen Abstandregeln die einzige Möglichkeit für Künstler gewesen, überhaupt aufzutreten. „Die Künstler standen im Schaufenster, die Zuschauer davor. Der Sound wurde dann mit Boxen nach außen übertragen“, erklärt der 64-Jährige. „Und so waren wir die Einzigen, die überhaupt Veranstaltungen durchführten.“

Als dann Open-Air-Veranstaltungen angesagt waren, ließ sich Normann ein mobiles Schaufenster bauen, mit dem er nicht nur in Lichtenberg im Park stand, sondern durch ganz Deutschland tourte. „Da hieß es dann allerdings schon ‚Showfenster‘.“ Im Park in Lichtenberg traf Normann dann auch auf „Die Drückerkolonne“ – eine untypische Berliner-multikulti-Newcomer-Band, die sich der libertären Berliner Verrücktheit verschrieben hat und am Premierentag im Fuchsbezirk einen Mix aus Musette, Polka, Umpa und Punk auf die Bühne brachte und das Publikum zum Tanzen anregte.

Noch in den Nachwehen der Corona-Zeit bezog das Showfenster von 2022 bis 2023 einen Raum im Schultheiss-Quartier in Moabit, bevor sich das Künstlerpaar dann wieder auf die Suche nach einer neuen Theaterlocation machte – und nach eineinhalb Jahren der Suche das ehemalige Lette-Eck für sich entdeckte.

Ein neuer Kulturort entsteht

Lina Lärche im Kostüm. Foto: fle

Im September 2024 haben die beiden „Bühnenmenschen“, wie sie sich selbst bezeichnen, die Räume übernommen – und sie in ein kleines, aber feines Theater verwandelt. Die letzten Monate seien anstrengend gewesen, denn die Umbauten hatten es in sich: „Wir haben die Ex-Kneipe – wie es hieß – ‚im gepflegten Zustand‘ übernommen. Es gab also einiges zu tun“, erinnert sich Normann. Und so gingen sie mit Spachtel, Hammer und Meißel ans Werk. Sogar eine Mauer haben sie eingerissen, um aus zwei kleinen Räumen einen großen zu machen. Hilfe erhielten sie dabei auch von Olli Winter. Er steht am Eröffnungsabend am Zapfhahn und schwingt den Kochlöffel in der kleinen Küche. „Er ist unser Freund und gleichzeitig unser Haus- und Hofhandwerker, der alles kann“, fügt Normann hinzu.

Ein mutiges Projekt mit vielfältigem Programm

Man hielt sie für „sehr mutig, in diesen Zeiten“ ein Theater zu eröffnen – aber sie taten es trotzdem. Nun ist das Showfenster geöffnet und wartet mit den verschiedensten Veranstaltungen auf. „Wir versuchen immer, die verschiedenen Genres miteinander zu verknüpfen“, sagt Normann. Somit würden an einem Abend niemals drei Zauberer oder drei Stand-Ups zu sehen sein, sondern immer eine bunte Mischung.

So gibt es zum Beispiel an einem Abend einen Mix aus Puppencomedy, Chansons und Musikcomedy, an einem anderen Coversongs, Reime und Kabarett. Und natürlich darf auch ein Kneipenquiz-Abend nicht fehlen.

Lärche, die gebürtig aus Hennigsdorf kommt, freut sich, dass es nun endlich losgeht: „Wir haben unseren Traum verwirklicht, und heute ist die Geburt unseres gemeinsamen Kindes“, sagt sie und lächelt.

Musik, Kabarett und Kneipenabend

Am ersten Abend tritt nun auch „Die Drückerkolonne“ auf: Das Straßenmusikkollektiv, das meist in den Parks und auf den Straßen Berlins rockt, haut das Publikum schon bald von den Sitzen: Zwei Sänger, der aus dem Allgäu stammende Chris Ehrlenspiel und der gebürtige Franzose Axel de Cayeux, geben im wahrsten Sinne des Wortes mit tiefsinniger Poesie den Ton an, während Michael Merkt und Johannes Bert an der Mandoline und am Schlagzeug den Herzschlag der Band hinzufügen und magische Melodien zaubern. Die Band ist übrigens wieder am 28. Februar zu erleben – bei einem besonderen Konzert ab 19.30 Uhr im Showtheater.

Am 26. Februar, 19.30 Uhr, gibt es eine Mix-Show mit Dos Boss (Jazz) sowie Stefan Reusch und Melanie Haupt (Kabarett). Einen Abend später findet ab 18 Uhr ein „Kneipenabend“ statt.

Für alle Veranstaltungen sollte man sich im Vorfeld Karten sichern – entweder telefonisch unter 0155-6279 5660 oder per Mail an info@showfenster-show.de.

Jeden 1. Mittwoch im Monat findet außerdem von 18 bis 22 Uhr ein After-Work-Tanzen statt. „Und wenn unsere Kaffeemaschine geliefert ist, startet auch das Café, das dann immer mittwochs bis sonntags ab 14 Uhr geöffnet ist“, sagt Normann abschließend.

Bei diesem Artikel handelt es sich um einen Beitrag aus dem neuen RAZ Magazin (Ausgabe 01/25).

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Christiane Flechtner

Christiane Flechtner ist seit mehr als 30 Jahren als Journalistin und Fotografin in Reinickendorf und auf der ganzen Welt unterwegs. Nach 20 Jahren bei der Lokalzeitung Nord-Berliner ist sie seit der ersten Ausgabe mit im Team der Reinickendorfer Allgemeinen Zeitung und anderer Verlagsmedien. Sie arbeitet außerdem als freie Journalistin und Fotografin bei „Welt“, Berliner Zeitung und anderen Zeitungen in Deutschland, Österreich und Luxemburg sowie für u. a. Reise-, Wander- und Tiermagazine.