Viele Menschen sitzen auf einer Bank beziehungsweise haben sich hinter der Lehne stehend aufgereiht.
Die Bezirksbürgermeisterin (4.v.l.) mit Katharina Schulz (re neben ihr) und weiteren Politikern sowie Mitarbeitern des Grünflächenamtes auf der neuen „Quasselbank“ – Foto: bs

Einsamkeitsbeauftragte weg

Bezirksbürgermeisterin gibt keine Auskunft zum Thema

Tegel – Schon am ersten Tag nach ihrer Ernennung darf die neue Einsamkeitsbeauftragte von Reinickendorf, Katharina Schulz, mit der Bezirksbürgermeisterin Emine Demirbüken-Wegner (CDU) eine neue „Quasseltreff-Bank“ an der Greenwichpromenade enthüllen. Zusammen mit Auszubildenden des Grünflächenamtes wird das weiße Laken von der neuen Bank angehoben. Nicht enthüllt wird an diesem Tag, warum ihre Vorgängerin, Annabell Paris, am Vortag so abrupt abgesetzt wurde. Erst im Februar dieses Jahres hatte sie das neu geschaffene Amt angetreten. In einer großen Pressekonferenz im Rathaus wurde sie von Demirbüken-Wegner vorgestellt.

Zu den Gründen der Ablösung möchte die Bezirksbürgermeisterin nichts sagen. Sie streicht lieber heraus, dass die Einsamkeitsbeauftragte nun eine Kraft für die Sachbearbeitung zur Seite gestellt bekommt. Allerdings hat Schulz auch „zusätzlich“ die Aufgabe der Ehrenamtsbeauftragten übernommen. Insgesamt neun Beauftragte hat der Bezirk. Da gibt es die Klimabeauftragte, die Gleichstellungsbeauftragte und den Katastrophenschutzbeauftragten. Die Stelle der Integrationsbeauftragten scheint auf eine Neubesetzung zu warten. Auf der offiziellen Website des Bezirksamtes prangt anstatt des Namens das Kürzel „N.N.“ (nomen nominandum – der Name ist noch zu nennen). 

Am Tag, als die Pressemitteilung zur Ernennung von Katharina Schulz herausgeht, ist ihre Vorgängerin schon nicht mehr per Mail zu erreichen. Es kommt auf eine Anfrage die automatische Antwort: „Leider müssen wir Ihnen mitteilen, dass unsere Einsamkeitsbeauftragte momentan keine weiteren Anfragen und Termine wahrnehmen kann.“ Das ist hübsch formuliert, doch so ein fliegender Wechsel mitten im Monat wirft Fragen auf und lässt eher auf ein recht unfriedliches Ende des Beschäftigungsverhältnisses schließen. Auch wenn die Bezirksbürgermeisterin mit den „Quasseltreff-Bänken“ ausdrücklich zum Plaudern einladen möchte, ihr ist auf Nachfragen zu diesem Thema so gar nicht zum Plaudern zumute.

Insgesamt sollen im Bezirk fünf dieser Bänke aufgestellt werden. Die erste kam im Mai vors Rathaus. Damals saß die gerade frisch berufene Einsamkeitsbeauftragte Annabell Paris auf dem offiziellen Foto noch eng an der Seite der Bezirksbürgermeisterin. Auf der Greenwichpromenade kündigt Demirbüken-Wegner an, dass sie nach ihrem Renteneintritt „ständig“ eine solche „Quasseltreff-Bank“ nutzen wolle, vornehmlich die vor dem Rathaus. Denn, so steht es auf der neuen Bank: „Plaudern macht glücklich.“ Vielleicht erzählt sie dann, was so alles passierte im Kreis ihrer Beauftragten.

Bertram Schwarz

Meine erste journalistische Station war die Schülerzeitung meiner Schule, später war ich für verschiedene Zeitungen und Rundfunkanstalten als freier Mitarbeiter tätig, nach dem Studium als politischer Redakteur beim NDR und später als Geschäftsführer verschiedener Medienfirmen. Seit 2019 arbeite ich als freier Autor für die RAZ.