Bezirksstadtrat Tobias Dollase (Foto: Christiane Flechtner)
Bezirksstadtrat Tobias Dollase (Foto: Christiane Flechtner)

“Es gibt kein Defizit an Plätzen in der Oberstufe”

Es besteht eine extreme Schieflage zwischen Angebot und Nachfrage einer ISS mit gymnasialer Oberschule. Warum?
Die beiden Reinickendorfer Sekundarschulen mit Oberstufe – die Bettina-von-Arnim- und Max-Beckmann-ISS – sind beim Übergang von der Grund- in die Oberschule sehr stark nachgefragt. Es handelt sich hierbei also um eine Übernachfrage, und das ist ein in Berlin weit verbreiteter Indikator für beliebte Schulen. Ich möchte hier bereits darauf hinweisen, dass es in Reinickendorf kein Defizit im Angebot von Schulplätzen in der Oberstufe gibt.

Die Carl-Bosch- und die Carl-Benz-Oberschule haben eine gemeinsame gymnasiale Oberstufe im Verbund geplant. Da das Bezirksamt die frühere Vivantes Klinik Wiesengrund für eine ISS ausbaut, stehen auch ausreichende Räumlichkeiten zur Verfügung. Doch das wurde abgelehnt. Aus welchem Grund?
Die Flächen in der Frohnauer Straße 74-80 reichen aus, um die bestehende vierzügige Carl-Bosch-ISS zu einer sechszügigen auszubauen. Für eine Erweiterung um eine Oberstufe sind keine räumlichen Kapazitäten vorhanden. Darüber hinaus hat die Bezirksverordnetenversammlung (BVV) die Einrichtung einer Verbundoberstufe an diesem Standort am 13. März 2019 abgelehnt. An dieser Stelle möchten wir darauf hinweisen, dass die BVV eine Empfehlung beschlossen hat, wie auf die erhöhte Nachfrage Reinickendorfer Schülerinnen und Schüler nach Oberstufenplätzen an der Max-Beckmann-Schule bzw. im Bezirk grundsätzlich zu reagieren sei. Das Angebot an Oberstufenplätzen im Bezirk unter Einbeziehung der Angebote der in Reinickendorf liegenden Oberstufenzentren ist auf jeden Fall ausreichend.

Gibt es keine Verände­­rungen?
Es entwickelt sich gerade eine gute Möglichkeit, die das Angebot für die Oberstufe stärken kann. So ist eine räumliche Erweiterung in Form eines Modularen Schulergänzungsbaus (MEB) am Standort der Max-Beckmann-Schule geplant. In guter Zusammenarbeit des Bezirksamtes mit der Reinickendorfer Außenstelle der Senatsbildungsverwaltung und der Beckmann-Schule kann es gelingen, dass mit einem MEB derzeitige Raumdefizite der Schule abgebaut werden und eine Ausweitung der Oberstufe (SEK II) auf sechs Züge erfolgen könnte. Dafür stellen wir aktuell den hierfür notwendigen Antrag und werden zeitgleich die Machbarkeit der Aufstellung des MEB auf dem Schulgelände prüfen lassen. Wenn sich die Erweiterung realisieren lässt, können die Kooperationen mit den anderen Reinickendorfer ISS, die keine eigene Oberstufe haben, wieder aufleben und die Schülerinnen und Schüler, die die Qualifizierung für die Oberstufe erlangt haben, können im Bezirk einen Schulplatz erhalten, um ihr Abitur zu machen. Das sind sehr erfreuliche Aussichten, wenn das alles so gelingt.

Die Albrecht-Haushofer-Oberschule hat schon mehrfach einen Antrag für eine gymnasiale Oberstufe gestellt. Platz wäre in den Räumen am Stolpmünder Weg genügend. Warum wurde dem nicht zugestimmt?
Dem Bezirksamt liegen keine Anträge der Albrecht-Haushofer-Schule vor, eine gymnasiale Oberstufe einrichten zu wollen. Die Standorte im Kurzebracker Weg und im Stolpmünder Weg werden durch die Nutzung der Klassen der Sek I voll ausgelastet; für eine Oberstufe stehen hier keine zusätzlichen räumlichen Ressourcen zur Verfügung.

Die ISS nehmen viele Schüler von Rückläuferklassen aus Gymnasien auf. Aufgrund der zahlreichen Rückläufer wurde die Haushofer-Schule von drei- auf fünfzügig aufgestockt. Diese Schüler entsprechen genau den Anforderungen einer ISS mit integrierter Oberstufe. Aber sie haben hier keinerlei Chance, Ihr Abitur zu machen. Wie gehen Sie dieses Problem an?
Alle ISS nehmen die Umsteiger – vormals: Rückläufer – der Gymnasien auf, einzelne in die bestehenden 8. Klassen oder als Umsteigerklasse. Die Aufstockung der Haushofer-Schule von drei auf fünfeinhalb Züge begründet sich in der grundsätzlich ansteigenden Zahl der Schülerinnen und Schüler im SEK I-Bereich der ISS, nicht nur durch die Umsteiger.

Die Schülerzahlen steigen. Aus diesem Grund hat der Bezirkselternausschuss (BEA) Reinickendorf das Bezirksamt aufgefordert, unverzüglich mit der Planung von mindestens zwei Integrierten Sekundarschulen zu reagieren. Wie weit sind diese Planungen?
Die beiden bisher geplanten ISS-Standorte befinden sich auf dem Schumacher-Quartier und am Waidmannsluster Damm. Die sechszügige ISS am Waidmannsluster Damm ist in die I-Planung mit aufgenommen worden. Im Schumacher-Quartier soll in Form eines Campus eine sechszügige Integrierte Sekundarschule inkl.
zweizügiger Oberstufe und Drei-Felder-Sporthalle sowie eine vierzügige Grundschule inkl. Drei-Felder-Sporthalle errichtet werden. Der Zeitpunkt der Fertigstellung steht bis heute nicht fest; dieses hängt natürlich mit der Schließung des Flughafens Tegel und der entsprechenden Nachnutzung ab.

Vielen Dank für das Gespräch.
Interview Christiane Flechtner

Andrea Becker